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Ende

Das war eine gute Idee, Meknes zu besuchen. Wir bekommen einen völligen anderen Eindruck von marokkanischer Großstädtigkeit. Das hat nichts zu tun mit Marrakech, dieses dreckigen Molochs, wo in der Neustadt nur Neureichen-Luxus gelebt wird. Und der jemma el fna verkommt auch zusehends zum Disney-Land auf exotisch. Meknes hat seine Medina, seine Souks, wie überall im Lande, aber die Stadt wirkt erstaunlich europäisch, wohlhabend. Trotzdem gehört der Esel zum Stadtbild. Die Mädels sehen umwerfend aus in schleierfreier Ausstattung. Hier könnte man durchaus eine Zeit leben. Grosstädtische Normalität und dezente Exotik.

Das Ende naht, keine Angst, weder Pfefferspray noch Armee-Machete kommen zum Einsatz, wie bisher noch nicht. Auch nicht mein Opinel aus der linken Oberschenkel Tasche. Keine bösen Buben, keine Scheiss-Kläffer mussten ihm weichen, nur Käse und Orangen wurden bearbeitet.  Nein,  das Ende der Reise ist gemeint. Wir sind also von diesem hübschen campismo bei Meknes weg und wollen nach Chefchauen, unserem Start vor fünf Wochen in Marokko. Von dort sind es nur noch hundert Kilometer bis Tanger, von wo die Fahren fähren. Zwei Typen aus down-under stehen auf unserem Platz, der eine schon seit zehn Monaten unterwegs, haben sich in Spanien einen VW-Bus gekauft. Väterliche Betreuungsgedanken bezüglich des Töchterchens Aufbruch nach Australien lassen ein wenig sinnhaft plaudern. Und natürlich kümmern sich die Beiden und deren Sippen rührend um Madame, wenn sie es denn will. Wir grillen ein paar Spiesse, und verbringen die Nacht chopinhaft mit der Regentropfen-Prelüde. Aber Hallo, erster Regen seit fünf Wochen und wieder kalt. Das kommt gebückt am morgen. Entgegen meinen hier liebgewonnenen Gepflogenheiten, den Tag mit dem Sonnenaufgang zu beginnen, bleiben wir liegen, in der Hoffnung auf natürliche Zelttrocknung. Nix da. Also packen wir die ganze klamme Scheisse, wie früher, zusammen und brechen auf nach Tanger. Wir haben dort noch gestern abend ein schnuckeliges Zimmer im Dar Sultan gebucht, im Kasbah-Viertel in der Medina. Sultan bezieht sich übrigens auf die fürstliche zu entlohnende Asyltaxe, aber zum Schluss unserer Reise gönnen wir uns das mal.
Tanger hat oder hatte wohl mal was sehr verruchtes. Die ganzen Beatniks, Künstler, Schrifsteller haben angeblich hier ihre Inspirationen und Lasterhaftigkeit gefunden, damals, als die Welt noch aus Holz war. Habe sogar noch ein Buch im Regal von William S. Burroughs. Muss ich jetzt doch mal lesen. Wir sind mal sehr gespannt auf die beiden letzten Tage. Am Sonntag nehmen wir die Fähre und werden voraussichtlich noch eine Nacht in Tarifa bleiben um dann Kilometers zu machen. Oh Gott, könnte jetzt schon kotzen. Haben jetzt 8197 km auffem Tacho und die Kupplung meldet sich ab. (Siehe Beitrag Porto). Glück gehabt, das wäre bei den Gebirgspisten und in der Wüste sehr unangenehm gewesen.  War es vorhin aber auch bei diesem lustigen Medina-fahren mit 5,5 Meter japanischem Großkampfgerät in den Gassen. Eigentlich hätten die hier Aufzüge bauen müssen, aber Steigungen von 90 Grad erregen wohl niemandes Gemüt. Dazu ein kleiner Tip : Um nicht zu verhungern an einer Kreuzung oder Kreisverkehr presst man den linken Daumen auf die Hupe, schreit alle an, auch dass man Arzt im Dienst ist, Durst hat, Kacken muss, schliesst die Augen und ballert hineien ins bremsende, quietschende Gewusel. Funktioniert ohne Lackschäden. Und dann ist sense, stehen am Ende der Medina, wahrlich kein Hort für Automobile, eventuell für nen Smart, unsere Herberge gefühlte hundertdreiundzwanzig Meter entfernt. Da kommen se, hilfreiche Menschen, bemüht, uns einen Parklplatz anzudrehen. Ah, bonjour meine Herren, jetzt ist Danger in Tanger, leckt mich am Arsch, Steffi sucht des Sultans Gemächer, ich bleibe hier stehen, hier, unbeirrbar, brauche Eure Hilfe nicht. Ich habe Durst und muss kacken. Und zwar in Bälde. Und bin infolgedessen nicht an smalltalk und Nettigkeiten interessiert, es sei denn, ihr habt ein Dixi-Klo und nen Döschen Geschmeidigmacher im Angebot. Und wie das Bälde so verstreicht, ruft der Muezzin, dass der kleine Tobi aus dem Smalland abgeholt werden möchte. Jetzt! Gehört. Mohammed kommt mit Frau Ebeling um den kleinen Tobi zu holen. Der Laden macht sprachlos, wie in Marrakech, in einer schäbbigen kleinen Gasse, liegt der Eingang zum sultanesken Palast. Sechs Zimmer auf drei Etagen in verspielter Ausstattung, Innenhof, Dachterasse mit Blick auf das Mittelmeer. Kaminzimmer, Wein a la carte. Sehr gelungen.
Wir schlendern ein wenig durch die Medina, nachdem wir den frühen abend auf der Dachterasse verbracht haben. Wie immer ist abends mächtig was los in der Stadt. Wir nehmen ein gediegenes Häppchen und sind herrlich entspannt. Haben genug gesehen von Altstadt-Gassen, als dass wir noch aufgeregt aufsaugen müssen. Nahezu alkohollos beschliessen wir den Tag.
Ein sehr üppiges Frühstück wird auf der Dachterasse kredenzt. Ein wenig wollen wir doch noch sehen. Umme Ecke parkt ein Typ seinen herrlich alten R4 ein. Ich recke die Daumen und wir kommen ins Gespräch in muttersprachlich, Jürgen, gebürtig aus Dortmund. Er zeigt uns sein Guesthouse, wir wollen umziehen. Meine Fresse, da hat er was auf die Beine gestellt vor 14 Jahren. Mit einer sehr quirligen und ansehnlichen Marokkanerin betreibt er dieses stilvolle maison d´hote. Jedes Jahr zu Weihnachten weilt er in Steele, Dinnendahlstrasse. Abgemacht, wir werden Spekulatius und Nussecken reichen. Eine köstliche Begegnung.
Einen Kaffee nehmen wir im legendaären Hotel Continental, leider gibts keinen Rosé.
Ein bisschen schlendern und dann ein Stündchen ruhen. Vielleicht gehen wir noch auf ein Konzert in der Neustadt. Mal sehen. ich erhebe das Glas auf das Ende des blogs. Danke für die Aufmerksamkeit. Und die unbeschreibliche Kommentarflut.  

Ja, das war ne Reise. Wir haben viel erlebt, Unglaubliches, schönes, widriges. Ein bisschen Abenteuer auf den Pisten und in der Wüste. Immerhin waren wir greenhorns bzgl. des off-roadens. Aber, ich hatte es schon erwähnt, sind Landy und ich dicke Freunde geworden, wir hören aufeinander und respektieren uns. Aber, was wirklich beeindruckend war, ist die Gelassenheit, die Steffi und ich den Situationen und uns gegenüber gezeigt haben. Mit wem hätte ich eine solche Reise machen können ? Es ist ja schon strapaziös, dauernd unterwegs, dauernd checken, einpacken, auspacken, nie zu wissen, wo wir abends landen. Ob wir noch Promille laden können. Ob wir verdursten, Hitzetod erliegen, die Scheisserei in ein finales Ende mündet.
Das Land hat uns bezaubert, unglaubliche Bergwelten, Wüsten, Küstenregionen. Oft fuhren wir stundenlang völlig allein auf den Strassen, niemand vor oder hinter uns. Genial. Und auf den Mörderpisten nie jemanden getroffen, bis auf die üblichen Hirten, Navis, und Weghocker. Wie in Klitmöller, wenn die Surfer in Tarifa sind.
Und die Menschen haben uns tief beeindruckt, bis auf ein paar Ausnahmen, wurden wir überall freundlich willkommen geheissen, fast jeder hat uns zugewunken, ich weiss nicht wieviel bonjours wir gehört haben, wieviele Hände wir geschüttelt haben, wie oft die rechte Hand ans Herz gelegt wurde.  Mehr als „Guten Tag“ zuhause in den letzten zehn Jahren jedenfalls. Jedes Nachtlager war auch eine Begegnung. Man war stolz uns zu bewirten ob in kleinen, abgerissenen Teebuden, auf den Plätzen oder in den bezaubernden Unterkünften. Ist in Rüttenscheid anders. Da scheint ein Kneipenbesuch eher ein Angriff auf die persönliche Integrität des Dienstleisters zu sein. Ich habe einiges an Dosenbier, Zigaretten und Dirham verteilt, was konnte ich sonst tun, neben der angemessenen Freundlichkeit, dem Respekt und der Neugier den Menschen gegenüber. Ich habe mich meiner eigenen Arschigkeit konfrontiert gesehen und vielleicht ein wenig gelernt. Ich könnte weinen, wenn ich mich an viele arme, darbende Menschen unterwegs erinnere, wie sie uns neidlos und liebevoll begrüssten, gefangen in der Schicksalhaftigkeit ihrer beschwerlichen Armut. Was kann ich für Euch tun ? Vermutlich nix, ausser andere Menschen zu ermuntern, das Land zu besuchen auf das seine Bewohner so stolz sind.
Die paar Arschgeigen, die dazu gehören, trafen wir nur in den Städten, aber so ist es immer, da wo die himmelschreiende Ungerechtigkeit zu explodieren droht, in jeder grossen Stadt dieser Welt, wo Moral und Ethik unnötig erscheinen, um sich durchzuwurschteln, ja eher stören.
Ich bin dankbar für das was ich erleben durfte, den Luxus, zu reisen, mal wieder, die Sicherheit gedeckter Kreditkarten, den Wohlstand zu erfahren im Kontrast. Es scheint selbstverständlich, aber es ist nur die Gnade am rechten Ort geboren zu sein und sich in die Wohlständigkeit soziologieren zu dürfen. Wir haben versucht, sparsam zu sein (abgesehen von den Alkohol-Läden), haben viel auf Märkten eingekauft, viel selbst gekocht. Zu wenig wild gecampt, aber wir fanden so viele hübsche Plätze, wo man für sieben Euro willkommen geheissen wird. Wo der Patron morgens Tee reicht. Und ab und zu mal was stilechtes an Gemäuer musste auch mal sein. Also doch nicht sparsam. Scheissegal.

DANKE Marokko, DANKE Steffi, DANKE Landy

und DANKE Michael für deine großartige Unterstützung beim Ausbau des Landy und
DANKE Papi, dass du mich zum Abitur gezwungen hast.

Inchallah

Pi

Wir kommen spät an auf unserem mittlerweile etablierten Platz. Und es raschelt im Gebüsch. Nein, kein Ziegenhirte, der sich da Springteufelhaft zeigt, sondern 23 Zentimeter caniseskes in pelziger Verpackung. Steffi ergibt sich mütterlicher Instinkte ansichtig dieses Niedlichkeits-Schemas. Gibt Wasser und unendliche Liebe. Er jammert quiekend  nach seiner Mami und bettet sich dann asylbegehrend neben die Abwaschschüssel. Wo er des morgens noch verharrend auf das Erwachen seiner Miet-Mutter harrt. Mein Gott ist der süss und tapsig. Steffi ist für mich nicht mehr erreichbar. Pläne zur Adoption werden diskutiert, soweit möglich mit der ratiogeminderten Amme, die als solche vom Etwas voll akzeptiert ist. Ein wenig jambon wird gereicht und Wau-wauchen bettet sich auf das sich blähende Luftkissen der Holzkohlentüte für ein kleines Schläfchen. Kontrapunktierend erhält er von Frauchen den Namen „Pißflitsche“. Wir lassen ihn zurück, schweren Herzens, und hoffen auf baldige Familienzusammenführung der Sippe. Steffi spricht wenig.
Ja, das hat sich wahrhaftig gelohnt. Früh erreichen wir nach gemütlicher Pistenfahrt Had Draa. Da ist mächtig was los. Angeblich ist es der größte marokkanische Wochenmarkt. Vorstellbar. Wir starten in der Vieh-Abteilung. Eutertragende Paarhufer und deren Filiae. Was ein Tohuwabohu. Das Getier wird auf LKWs in der dritten Etage angekarrt, oder auf Ladeflächen von Pick-ups. Ja, wie sucht man sich das Rindvieh nun aus ?. Ganz einfach. Man nähert sich von hinten, hebt den Schwanz (vom lebenden Bouef), guckt professionell aufs Arschloch, während die Linke das vierzitzrige Organ befundet. Der Zahnstatus bleibt unberücksichtigt, wie es der des Kaufinteressenten auch zu sein die Regel scheint. Eine prächtige Stimmung bettet das Merkantile. Nächste Abteilung, Mähs. Der Mähmann wird am Horn gepackt, die Mähfrau am Hinterlauf. Das Arschloch scheint von geringem Interesse bei Kaufabsicht. Der Gesamteindruck des Blökers wirkt entscheidend. Hier ist jedenfalls auch mehr an kehlkopfzittriger Verlautbarung vernehmbar, die die körperliche Integrität vermutlich erahnen lässt. Übrigens passen zirka dreissig Mähs auf eine Ladefläche. Oder eine Muh, eine Mäh eine Tättärätätä. Oder vier bis sechs Esel. Die werden hier auch verhökert. Wirken jedoch sehr unbeteiligt, wie es dem landläufigen Mentus des Genannten wohl entspricht. Die Kamel-Abteilung hat bereits Feierabend, oder wir waren zu blöd sie zu finden, obwohl sie im Allgemeinen nicht zu übersehen sind, trotz Einhöckrigkeit, womit klar ist, dass es sich eigentlich immer um Dromedare handelt, wie ja ein jeder weiß.
Wir fahren mit dem gläsernen Fahrstuhl in die erste Etage, Gemüse. und Obst. Und Gemüse. Und Obst. Und Gemüse. Die müssen bei Aldi gewesen sein, Aldi-Süd-Zentrale. Meine Fresse, wer soll das Alles kaufen? Da kann so ein Thai Markt aber einpacken. Wir kaufen Koriander und Pepperoni. Weiter gehts durch die Heimwerker-Abteilung zum Schlachthof, dessen Existenz den Säugern aus Abteilung eins, eingedenk ihrer Gelassenheit, unbekannt zu sein scheint. Weiter zur Esel-Transport-Korb-Flechterei und Dromedar-Sattlerei und danach zur Plastikplanen und Leinensack Bude. Vorbei an Hinkelsteingrossen Melonen, die von unzähligen Pickups herunter verhökert werden. Da stehen die Teetrinker volles Rohr drauf. Selig schmatzende Kapuzenträger. Nach einem Pausen-Kaffe nehmen wir noch kurz die Damen-Oberbekleidung, die Schuhabteilung und Kurzwaren. Leider gibts keinen Swarowski, so dass wir enttäuscht das Spektakel für beendet erklären.
Wir müssen noch spätstücken, fahren also wieder zur Küste und finden einen genehmen Platz am Strand inmitten von Fischerhütten und blauen Booten. Als wäre nichts selbstverständlicher, werden wir wie immer nett begrüßt, und gelassen gelassen. Keine Aufenthalts- oder Platzverweise, immerhin haben wir das Gefühl, dass wir uns mit Landys Hilfe durch den Sand in deren Wohnzimmer gewürgt haben. Die sind alle sehr busy. Hereinkommende Boote werden mit Treckern auf den Strand gezogen, während sich jemand mit Pferdekarren auf den Weg dorthin macht, den Fang zu empfangen. Really authentic. Wir harren dem mit O-Saft, Baguette, Kochschinken, Käse und Eiern. KEINE Marmelitschka. Ein Typ kommt, spricht zahngemindert gutes Englisch, stellt sich als Fischerman´s painter vor und kritzelt mathematische Formeln in den Sand. Wurzel Pi und die unbeirrbare axiomeske Standfestigkeit nackten Zahlenmaterials in die Vergänglichkeit verwehenden Untergrundes gezeichnet.
Ich mus PiPi aus meiner Wurzel. Auch in den Sand aber eher naive Bauernmalerei im visuellen Ergebnis. Und Roy Liechtensteiner-Prostatiker-Pointilismus beim Abschlackern. Verdunstend bald und sich ändernd im Aggregatzustand sich loslösender Moleküle aus Wasser, Harnstoff und den Fuselölen verdauten, mittelmässigen Rosé. Nichts ist für die Ewigkeit, mein lieber Drafi Deutscher.

Wir brauchen einen Schlafplatz und mäandern so die Küstenregion rauf. Viel Zugänge zum Wasser sind brauchbar, aber Schattenlosigkeit lässt uns zaudern. Letztendlich steuern wir einen campismo an, wenigstens Windschatten und ein paar Meter zum Meer. Es gibt Gemüse-Nudelpfanne, Birne Helene und Pfirsisch Melba zum Desert, nach dem Espresso noch ein Fürst-Pückler und Grappa.
Hier muss man nicht bleiben, also einpacken und die Küstenstrasse entlang. Hier ist wohl die fruchtbarste Region des Landes, dutzende Kilometer lang finden sich hübsche Gemüsegärten, teilweise direkt hinter den Dünen. Lagunen sorgen für Austernzucht.
Wir suchen lange nach einem Platz, es muss doch einen Weg zur Lagune geben,und wir finden ihn. Der Ozean rauscht.  Es ist spät und kalt und so muss sich die Tütensuppe andienen uns zu speisen.
Wir pennen früh, gehen davon aus, morgens hier inmitten der Austernfischer zu erwachen.
Aber es ist sehr ruhig des Morgens, ich geniesse den Sonnenaufgang, drei, vier Leute kommen vorbei, ein paar Taucher in Neopren, die die Gambas und Austern wecken wollen. Wir bekommen ein paar angeboten, aber sie passen nicht so recht zu Kaffee und Rauchwerk, ausserdem finde ich Austern-schlürfen eh albern. Neureichen-Kram. Andererseits sollen sie mächtig Feuer ins Gemächt bringen, sagt man. Vermutlich bei äusserer Anwendung. Und… habe ich das nötig? Ich hätte gelegentlich lieber was obstipierendes.
Jetzt aber Meters machen. Weiter die Küste hoch, genau so schön wie gestern, ein bischen Bretagne, bißchen Irland. Dann in El Jadida einen Kaffee. Hier ist der Industrie wegen enormer Wohlstand, es wirkt mit seinen unzähligen Cafes und mehrstöckigen Wohnhäusern fast europäisch, man trägt Polo-Shirt und Bundfaltenbuchse und fährt statt Esel Touareg. Dann auffe Bahn Richtung Casablanca, dann Rabat und schliesslich Meknes. Und dann kommt er, der Platz. Geraniengesäumte Stellplätze unter Olivnbäumen, kitschige Skuplturen, eine bezauberndes Kleinod mit Vogelgezwitscher fünfzehn Kilometer hinter Meknes. Ach was schön.
Grillen, Duschen, Rosé trinken. Ein WOMO mit dutchman, sonst ist niemand hier. Wir entscheiden uns, doch noch zu bleiben und am nächsten Tag Meknes zu besuchen. Dann kommt noch ein schweizer Pärchen mit HZJ78. Sehr weise Menschen, haben sie doch auch aufgehört dem schnöden Mammon hinterher zu jagen. Sie reisen.

Castles made of sand

Da versuche ich gerade frühmorgens die Sehachsen mithilfe des Koffeins in Übereistimmung zu bringen und da bretttert Obi-wan-Kenobi auf einem Pod-racer entlang. Also, genau weiss ich es nicht, er hat nicht gegrüsst, aber es war eine braune Kapuze die jenseits entlang der Mauer flog. Mit Schmackes. Na, ja, vermutlich verflogen, wie dieser kurze Augenblick. Falls hier gleich noch ein paar Hobbits auftauchen, muss ich mal die Verfallsdaten des Dosenbieres überprüfen.
Auf in die windige Stadt, wir parken am Strand, und nach 150 Metern hat Steffi Durst auf Rosé, den es da in einer Strandbude gibt. 13.30 Uhr. Prima, Frau Ebeling, der Tag ist gerettet, und du erzählst mir noch mal in Ruhe die Geschichte von Annekin und Luke und Prinzessin Amidala.
Ein stattlicher Wind treibt den Sand über den Strand und die Kiter zum Glück. In der Medina ist Windstille, so wunderschön, wie schon immer. Ein paar Nippes-Läden haben sich vermehrt, sonst alles beim Alten. Geht doch. Essaouira wurde von den Portugiesen erbaut, die haben sie Mogador genannt, was auf portugiesisch übersetzt heißt.
Eine Stadtmauer verläuft entlang des unablässig aufbrausenden Meeres, da ist ordentlich was los auf achtern. Man kann auf der Mauer laufen, in deren Untergeschoss ein paar Läden untergebracht sind. Hübsch. Die Händler lassen einen in Ruhe, kein nerviges Angelabere. Gut so. Und sauber, die haben hier benutzte Mülltonnen. Auch gut. Und einen lockeren Umgang mit dem Ausschank von geistigen Getränken. Noch besser. Ich finde auf Anhieb mein altes Riad, ein Traum von Gemäuer. In der Bude residierte übrigens der viel zu früh verstorbene Jimi Hendrix. Vor mir. Wir werden dort nicht einchecken, aber dinnieren, vielleicht treffe ich ja Moubarak wieder. Der ist mittlerweile chef de cuisine. Wir schlendern also den Tag so durchs Kaff, mal nen Caffee, mal nen O-Saft, mal nen Häppchen. Sehr unaufgeregt. Zum Schluss ist der abendliche Hafen an der Reihe, bevor wir ein wenig Festes zu uns nehmen. Der Wind ist schwer zugange, und jetzt arschkalt, also Sitzheizung auf dem Weg zum Platz.
Am nächsten Vormittag suchen wir das „jardin de douars“, wo ich vor sechs Jahren mit der Sippe gewohnt habe. Sehr aufgemotzt mittlerweile im Eingangsbereich, die beiden schwulen Franzmänner haben es abgegeben. Schade. Aber immer noch das traumhafte, Kasbahstilechte  Gemäuer in Vollendung, umsäumt von einem bezaubernden Garten. Wir nehmen Platz, Kaffee,   O-Saft und Netz.
Kurz vor dem Ortseingang in Essauoira werden wir vom langen Arm der Exekutive zu einen kleinen Tete-a-tete geladen. Bisher noch nicht passiert, ausser beim satten Geschwindigkeits überschreiten. Der will bestimmt nen Autogramm. Oder mal wieder Steffi eintauschen. Ich weiss nicht was er will, das Sprachgewirr klingt französisch, so wabernd schwul und schwülstig aus befehlingendem Mundwerk entlassen, mich zu umgarnen, chansonhaft wie die Sirenen von Sinnen zu bringen, No je ne regret rien ( noscheneregretriähn ). Aha, Papiere sind gefordert und ein Quiz anberaumt. Was haben wir wohl falsch gemacht ? Tja, ich ne Menge in meinem Leben, Steffi minus 18. Ansonsten fehlt mir jetzt gerade die richtige Antwort. Chic, gib doch mal vier Möglichkeiten vor. Und nen Publikumsjoker und ne 50:50 Chance. Wir entscheiden uns, die Unterhaltung in angloamerikanisch fortzusetzten und versemmeln trotzdem die 50 Euro Frage. Ach so, wir waren nicht angeschnallt. Ich schnall ab. Ich schnalle mich nie an, sage ich ihm aber nicht, ich Fuchs. „First time in Marokko?“, “ Nö, third time. „Do you like Marokko?“, Oui, of course. „First mistake in Marokko?“, oh yes, indeed, first mistake. Mein Gott, bin ich eine coole, durchtriebene Sau, ich erzähle nicht von meinem ersten Knöllchen. Biesemann, du alter Fuchs, mit allen Wassern gewaschen. „Ok, when second mistake with anschnalling, pay 300 Dirhan for you and Lady!“. „Bon viage“. Du mich auch. 300 Ocken gespart, zehn Gläser Rosé, ich teuflischer Kerl. Da war bestimmt Obi-wan-Kenobi im Spiel, der galaktische Gutmensch.
Mal im Ernst, überall, an jeder Stadteinfahrt wird kontrolliert, im ganzen Land. Find ich gut. Die haben nämlich keinen Bock auf Scheisse in the city. Auf bärtige Vollidioten mit Suizidabsicht und den beabsichtigten, einkalkulierten Kollateralschäden. Sollte man bei uns auch einführen, bevor Söder und Konsorten wieder auf die Idee kommen, unsere Wohnungen zu verwanzen und Seismografen am Ehebett von Langweilern zu instalieren. Aber die Herren in Blau-grau müssen ja dauernd in Fußballstadien die Bekloppten vor sich selbst schützen. Ich hab zumindest echt Lust auf innere Sicherheit. Ich Weichei. Und falls ich jemanden erwische, der dieses „ACAB“ an die Wände schmiert, dann……..
Übrigens, der Bürgermeister von Rotterdam ist, wie ja Alle wissen, Marokkaner. Und der ist kein Depp aus den Souks. Der redet klares Zeug, insbesondere was die manchmal eher unbeteiligt wirkenden Verhaltensweisen seiner Landsleute und anderer Ethnien im Sinne einer Integrationsbemühung angeht. Richtig Ärger, wenn kein Bock auf Sprachpflicht, for example. Na ja, nur so am Rande. Wie sein Kollege aus Neukölln.
Also, mit 300 Dirham mehr im Sack kann jetzt ordentlich gesoffen und geshoppt werden. Doofe Rechnung, aber funzt. Wir finden uns also beim Hosenkauf und vor Allem in so einem Jimi-, Bob Marley Devotionalien-Laden bei Abdullhamid. Der hat überhaupt kein Bock, uns abzuziehen, der hat Bock auf Uns und Palavern. Und der erzählt uns vom Gnauoa Festival letztes Jahr, mit Ayo und Marcus Miller und, und und. Ich geh kaputt. Wo war ich denn da bloß? In Steele vermutlich. Und der trommelt und hat Spaß. Und eigentlich Hunger. Aber der muss uns seine ganzen Leidenschaften präsentieren. Und der freut sich, wenn Jan nächstes Jahr mit Marius auf das Festival kommt und mitspielt und Buschi. ( Hey Marius, liegt doch auf dem Weg nach Swasiland ). Und immer schön anschnallen. Ich krieg ne lesson auf Tontrommel. Wir segnen uns gegenseitig in der Gewissheit, sich bald wieder über den Weg zu laufen, wenn nicht auf Erden, dann im Paradies. Înschallah. Wir müssen noch ein paar Sachen besorgen, Kartuschen zum Beispiel, ich saufe einfach zu viel Kaffee. Jetzt haben die hier weder Albatros, noch McTrek. Oder Kwätschua Discounter. Aber Madame in ihrem messiehaften Hort, einer Ruhestätte für Haushaltsartikel, Endlager für Unverkäufliches hat ZWEI! amtliche blaue, entzückende butanbeinhaltenden Blechbehälter, dreissig Jahre drüber und von leichten Rostspuren verdedelt. Hoffentlich ist kein Essig daraus geworden. Gib se beide, Madame. Oder noch mehr. Ne, noch mehr ist nicht. Ich glaubs nicht. Dann Brot. Der Typ hat ein in alle Himmelsrichtungen sich ausdehnendes Gebiß. Und infolgedessen auch dem getönten Wort satte Speichelbeigabe. Deux pan, silwupläh. Der packt zwölf rein ins Tütchen. Nee, dö !!!! Der lacht sich schlapp unter wallendem Speichelfluß. Dem ist es scheissegal, der will Steffi! Noch mehr Pawlowscher Speichelfluss. OK, ich die Brotkarre, du Frau Ebeling. Wieder ein super Geschäft, wie in Zagora mit dem Paulo Coellho der Sahara. Wie er so Frau Ebeling, würgt und herzt, bekomme ich doch Mitleid mit Madame und halte mich für das kleinere Übel in ihrem Lebensentwurf. Die alten Säcke rundherum krümmen sich vor Lachen. So einfach, so doof, so schön. Kommen wir wieder an so einem Tupperware-Tempel vorbei, der Mützenträger hat wirklich, glaubt mir, auch diese blauen Gascontainer. Ich kann nicht mehr.
Jetzt können wir abends auch noch Glühwein machen. Das müssen wir feiern und nehmen ein Fläschchen Rosé in einem hübschen Hotelgarten an der Stadtmauer. Gut angelüllert gehen wir im Riad al Madina was essen und treffen auf Moubarak. Geil. Ich schaffe noch ein wenig Platz im Auto durch die Entnahme zweier, sehr kühler Weißblechbehälter und dann wird geratzt.
Wir können uns nicht loseisen, zu schön ist es hier im esprit of nature. Wir gammeln den ganzen Tag hier rum und erfreuen uns an diesem lasterfreien Ort der Kontemplation. Schmeissen den Grill an und nehmen übliche Getränke. Morgen aber weg hier, das kann nicht so weiter gehen.
Doch kann, wenn wir es wollen. Und wir wollen es. Wir bleiben. Und lassen UV auf die unbehelligten Stellen, fressen Kirschen und Erdbeeren, räumen auf, lungern rum. Sehr gut so. Heute ist es nahezu windstill, wir fahren zum Spätstück ins Städtle, herrlichstes Wetter. Ein paar Jungs spielen Fußball am Strand. Alles wie ein Bild von Rosina Wachtmeister, nur nicht so scheisse. Ein Roséchen zum Schluss, nochmal carrefour, dem Landy Diesel und ne Dusche und zurück zum Platz. Ist das ein herrlich lazy saturday.
Reisse das Ruder rum und geniesse ordentlich den Resttag. Mein Gott, ist das schön hier auf dem campismo. Der Wind nimmt ein wenig zu, passend zur Intensität des gelben Onkels.
Ich trage mit Stolz die neue Flutschi-Hose, freue mich über die SMS von Frank. Schreibe ein paar mails, muss ja meine Reinkarnation als Anästhesist vorantreiben. Wo doch die alten Herrschaften das Erbe verprassen.
Imme noch hier. Es wird mir hier zu bunt, zu nett, zu einfach, wie immer nach drei Tagen oder vier oder jetzt fünf. Aber wir haben einen belastbaren Grund. Morgen ist in Had Draa ein riesiger Markt, auch Kamele werden dort verhökert, also hier umme Ecke. Hoch lebe Epikur.

Ein Beitrag zur Völkerverständigung : Reiseverbot für Russen und Polen ! Sofort. Insbesondere die Russen gehen mir seit Jahren auf den Sack, diese grosskotzigen Rubelzaren, die im Adoleszenten-muscle-shirt, Badehose und Adiletten die livrierte Dienerschaft anblaffen, immer zu laut, immer zum kotzen. Egal, wo. Hässliche Kubik-Schädel in Begleitung von hybrisfetten Blondchen. Und sprechen Russisch, was sonst, fürchterliche Putin-Ableger, haben ihrem eigenen Volk die Babuschka-Dollars geklaut und machen einen auf dicke Hose.
Sollen doch in China Urlaub machen oder Klitmöller. Ich will sie nicht mehr sehen. Da sitzen wir also beim Roséchen, plaudern ein wenig mit dem garcon, erfreuen uns an Allem und da kommt diese unsägliche Slawengang, volles Prollprogramm, vorneweg ne fette Sau, im Schlepptau mehrere Schwabbel-Weiber. Er, der selbsternannte Meister des lustigen Stelldicheins blökt nach Bier, Heineken. Garcon, Chef und Azubi, wahrlich nette Leute verdrehen die Augen, der Alte flüstert mit Augenzwinkern und Gesichtslähmung zu uns gerichtet:“Polska……“ Der Arsch bestellt auf deutsch. Ich würde ihm am Liebsten sein Heineken in die Fresse kippen, weil er meine Muttersprache missbraucht. Aber wie gesagt, kein Arsch inner Hose, Pfadfinder und kein Gummi mehr im Bizeps für die anschliessende Satisfaction. Machmal wäre ich so gerne gross und stark und politisch inkorrekt zur Klärung von eindeutigen Sachverhalten.
Wir gehen und lassen die armen Schweine der gastlichen Gastronomie mit den Unsäglichen allein.

Madame campismo hat einen guten Tip für den letzten Abend in Essaouira. Cafe Karawane. Ok, das machen wir. Wir finden den Laden auf Anhieb. Das ist der Hit. Ein schnuckeliges Riad, aber eben nicht zum Heia-machen, sondern perfekt eingedeckte Tische. So auch im Patio, wo ausserdem vier Jungs ein bißchen latinhaftes unterm Palmemdach von sich geben. Jedes Stückchen Wand ist besetzt durch ölige Kunst, eher expressionistisches Medinaleben. Der äusserst zuvorkommende Stuff kümmert sich um den reibungslosen Ablauf und die ganzheitliche Pflege der Kundschaft, wie es auch der äusserst schwule Patron tute, in fortgeschrittenem Alter. Wir nehmen Dorade mit Ingwer-Schlurz und stuffed salmom with goatcheese. Kannste nem Bauern von der Fott lecken. Sehr gelungen diese Fusion aus eher Zusammenhanglosem. Aber wie immer beim kochen, Phantasie ist gefragt und Experimentierfreude. Und ein Desert, choco-coco mit roten Früchten. Dazwischen gibts unter Trommelextase einen Feuertanz. Wir beschliessen den Abend auf seinem Höhepunkt, wir müssen früh raus, um den Markt in Had Draa zu erleben.

 

 

 

Zwischenbilanz

Das ist jetzt bitter nötig. Wir hängen den Tag am Strand rum, hier ist mittlerweile Freibad. Alle Kiddies der Gegend inclusive der Schulklasse machen einen auf Müssiggang.
Wir machen nix, nicht mal Müssiggang, gucken, lesen, pennen, Cola saufen
Wir haben 7079Km auf dem Tacho, verdammt viel erlebt, die Festplatte bald voll. Ich werde gleich mal mit nem Döschen defragmentieren. Wir müssen jetzt ein wenig Hygiene betreiben. Alles langsamer, haben noch zwei Wochen. Die Erlebnisgier muss runtergefahren werden. Habe 1,5 Bücher gelesen, soll heissen, immer volles Programm. Aber so war es immer, schon in Indien, wo ich allmorgendlich um sechs kerzengrade im Bett stand. Hallo Indien, ich möchte dich entdecken. Will Alles aufsaugen, will meine Sinne strapazieren. Das ist jetzt zwanzig Jahre her, und ich habe das Gefühl, älter zu werden. Merkwürdig, hatte ich bisher noch nicht. Die Gier ist ungebrochen, aber der Körper schwächelt. Und wenn der Körper schwächelt ist die Gelassenheit dahin, die Freude am Miteinander verpufft. Dann möchte man zuhause dem Laubbläser-König von Heidhausen in aller Ruhe die Pest an den Balg wünschen. Wir halten also gestern an, an einer Argane, in deren Geäst sich zirka zwanzig Ziegen aufhalten, herrliches Fotomotiv, bestes Licht. Ich zücke das Gerät und da kommt er, der Hirte. Ich hab KEINEN Bock auf Bonjour, ca va?, auf Herzlichkeit, auf menschliche Nähe, ich will bloss doofe Ziegen im Baum fotografieren. Er lächelt freundlich, ich hasse ihn dafür, mache kein Foto und fahre weiter. In den Dörfern ersuche ich bei den Kindern um Kugelschreiber und Bonbons, lautstark und unverschämt. Biete mich als Fotoobjekt für 10 Dirham. Reisekoller. Und als sich dann heute vormittag UNSER Strand füllt, bin ich sehr skeptisch gegenüber meinem legendären Großmut. Aber es ist sehr nett mit all den Kleinen hier am Arsch der Welt. Wie immer mit den Kids hier.
Apropos 1,5 Bücher. Das erste hat mir Uli mitgegeben, verheissungsvoller Titel „Touareg“. Habe ich verschlungen. Danke Uli. (Übrigens auch für die CD). Da gehts um Tradition, Ehre, körperliche Grenzerfahrung, Respekt vor der Natur und Anpassung daran, Einsamkeit und die  Uneinlösbarkeit in der Konfrontation mit der Moderne. Tragisch. Und am Ende vernichtend. Sehr empfehlenswert.
Das zweite „……“ von einer Frau, Anfang fünfzig, die ein Jahr durch die Welt reist, jeden Monat in einer anderen Stadt lebt. Unbedingt lesenswert. Eine Abhandlung über das Leben, die grossen Fragen, die Selbstbestimmung, über heraufbeschwörte Zufälle durch Einlassung ins Fremde. Muss bei jeder zweiten Seite heulen, der prallen Fülle von Erkenntnissen und Leben wegen. Selbst Dennis Scheck hat es nicht in die Tonne gekloppt.

Die Schulklasse zieht am Landy vorbei, Alle verabschieden sich freundlich und wir machen ein Strandspaziergang. Kein Schwein mehr hier, hinten noch ein paar, die Muscheln sammeln.(Keine Schweine, die gibts hier eh nicht). Und einmal rein in den Atlantik. Körperhygiene betreiben.
Die Sonne verabschiedet sich unspektakulär, und jetzt ist das Lamm dran. Dazu gebratene Nudeln und KEIN Gemüse !!!. Geil, Proteine und Kohlenhydrate und Roter. Absolute Stille, abgesehen vom Brandungsrauschen, sehr, sehr viele Sterne. Ein paar Köter laben sich an den Knochen.
Apropos, dass die Menschen hier ALLE freundlich und gelassen sind, sagte ich bereits, aber dass es auch die Wauwaus sind, ist noch nicht mitgeteilt. Noch kein Bellen gehört, nur in Chefchauen nachts Rudelbellen, die waren bestimmt bekifft, wie Alle dort oben im Riff. Kein nerviges Frauchen-Hundchen, unglaublich. Freundliche Tierchen. Ich adoptiere einen.
Es ist sehr bewölkt am Morgen, gut, denn wir haben zu packen nach zwei herrlichen Nächten hier.(Kann mich am den Psychoterror nicht mehr erinnern). Also schön kühl ist es, und absolut einsam, bis auf den autitischen Esel nebenan. Dann lockert es auf und es ist klare Luft, nix diesig. Hübsche weisse Wellenkämme in der Brandung umschmeichelt vom zarten Morgendlicht. Wir überlegen, noch nen Tag dranzuhängen, aber kaum noch Wasser und Fluppen, das geht nicht gut mit Papi. Bin ich eigentlich völlig bescheuert? Ebbe im Fluppenfach? Das Fieber ist schuld! Was ich bisher verdrängt hatte, rückt nun in den Focus. Wie kommen wir eigentlich hier wieder weg ? Eine stramme Steigung, die bei Anfahrt ein rutschiges Gefälle war, muss genommen werden. Zwei Kehren inclusive. Alles auf Straussenei grossen Kieseln, wohlgebettet in sandiger Textur. Eines nach dem Anderen. Noch ein Kaffee, ein Flüppchen, kurze Lagebesprechung mit Landy, Er empfiehlt, Allrad mit Untersetzung im ersten und Saft auf die Stiefel, bei Missfallen Geld zurück, oder Differentiale sperren. OK, Chef ! Tschüss borrico und perro, und wie geheissen bis zur ersten Kehre. Ein wenig vor und zurück (was eindeutig einfacher zu sein scheint) und dann volle Lotte rauf, zweite Kehre mit links, obwohl rechtsrum. Die Strausseneier ballern durch die Gegend. Grandios. Landy, du bist ne geile Sau. Ich werde dich nie mehr abgeben, nur vererben. Selbst, wenn mir meine ehemaligen Partner mit schmierigen Anwälten den Hahn abdrehen. Du bleibst ein Biesemann. Wort drauf. Und kriegst bei Heiner Beckmann ein Vollbad. Und Massage und mundgepresstes Arganenöl.
Wir fahren an der grandiosen Küste weiter nach Norden, und landen in einem Nest, wo ich mit den Kiddies und Lena vor sechs Jahren mal war. Jetzt ein Dreckloch, traumhafte Bucht, blaue Fischerboote, eine Häuserzeile im Halbrund, der perfekte Ort. Jetzt Müll. Und ne Fabrik, Ami-Marokko-joint-venture zur besseren Vermarktung der Kiemenatmer. Wir wissen beide nicht warum, aber nehmen hier bei Ahmed Dorade vom Grill. Köstlich. Weiter Richtung Essaouira, wollen vielleicht in Sidi Kaouki bleiben, war damals der Traum. Beim ersten Mal, ich allein, zwei Kamele, ein Marabout, und Strand und zwar fett, mit Niemandem. Beim zweiten Mal, ich mit der Sippe, sechs Kamele, Tee-Tränke, Surfer-Villa-Kunterbunt. Noch nett. Surfer am Strand. Vorzeige-Touareg am Marabout. Jetzt Kotzen. Fertig. Abhaken, bin kaum ausgestigen. Frage ein paar Jungs, was die Scheisse hier soll, und bekomme eine höchst philosophische Antwort im Sinne Bob Dylans… The times, they ´re changing. Ob denn in Deutschland Alles beim Alten bleibt.
Mein Fazit : Ich werden nie mehr an ehemalige Traumorte fahren, die ich vor Langem geniessen durfte. Nie mehr. Das war schon auf Phi-phi Island so, innerhalb von sechs Jahren alles geopfert. Oder Phuket. Oder Borbeck-Mitte. Ist ja auch nicht schwer zu erklären. Die wollen Alle ihre Kohle machen, und mittlerweile fahren eben auch Alle überall hin und haben Ansprüche. Pommes und Sonne. Ich will Thana Lot auf Bali nicht mehr besuchen, Klaus nicht mehr aus Saigon abholen, werde den Mekong meiden, gibts in Costa-Rica jetzt Dosen-Ananas und Mc-Doof in Jombang? Vielleicht noch mal Cuba, bevor die Amis einen Puff daraus machen. Die Enttäuschung wäre zu groß. Früher war Alles besser, ach du scheisse, ich ertappe mich bei beknackten Sprüchen, aber ich bin ja hier allein (Steffi schläft), darf ich ruhig mal sagen, und berauschen am eigen produzierten Schwachsinn, wie in der analen Phase. Das tut gut. In Klitmöller wird es auch in 400 Jahren noch genau so aussehen, weil da niemand hin will, ausser diese Surfer, die gehen eh nicht essen oder saufen, die fressen nur Energieriegel in ihren WOMOs und laufen den ganzen Tag in Neopren rum. Ausserdem ist da eh Scheisswetter.
Also ganz schnell weiter nach Essaouira. Frau Hilde und Herr Peter haben da einen Platz empfohlen, wild campen ist hier nicht. Und wahrlich, ich sage Euch, so was hab ich noch nicht gesehen als Campingplatz. Ein Franzmannpärchen hat ihn vor 4 Jahren eröffnet, esprit nature, macht seinem Namen alle Ehre. So unendlich viel Liebe im Detail, so grün, so wunderschön bepflanzt, marokkanische, hübsche Laternen überall, ein Laubengang mit Astdach, bald berankt, führt zum Scheißhaus, eine kathartische Vorbereitung auf die körperliche Reinigung. Schilfgras wiegt im Wind, Olivenbäume geben der Vogelschar einen Raum. Ein stilecht, blau gefliesster Pool inmitten von kleinen Berberzelten. Die Steinmauer bewuchert mit gelben, violetten und roten Blüten. Unbeschreiblich. Das Scheisshaus grosszügig und SAUBER, Heisse Duschen mit Wasser !!!!! Nicht üblich hier. Wir sind mit einem anderen WOMO die einzigen Gäste. Und es ist sehr kühl, windstill, keine Fliegen, keine Mücken. Perfekt als Basislager. Der Franzmann ist zurückhaltend und nett, gibt mir nen Kabel, um in seiner Werkstatt seinen Internetzugang zu nutzen. Der hat keinen Bock mehr in Europa zu leben, für Urlaub wäre es phantastisch, meint er. Und hat hier mit seiner deutlich jüngeren Frau sein Paradies geschaffen. Gut gemacht, maitre.
Es ist doch verrückt, wie eingebunden in Volks-Fleiss-Mentalitäten wir sind. Als wäre es ein Dogma, halten wir an einem acht bis neun Stunden Tag fest. Zählen die Jahre bis zu Rente, um dann mit Apoplex die letzten 30 Jahre im High-tech-Siechtum zu verbringen. Immer schön fleissig, immer viel Tatas auf die Seite legen. Und das Gejammmere über Steuerlast ertragen. Musste wieder 200.000 € Steuern zahlen, sagt der Onkel Doktor und verschluckt sich am Hummerschwanz. Vielleicht noch ein Dritt-Auto, absetzbar. Wir haben in unserer Praxis 12-14 Ops am Tag weggekloppt, völlig beknackt, wofür? Genau , um die eingefahrene Kohle fett unterzubringen. Sich als Wunschtraum ein Hamsterrad zu bauen, und es nicht einmal zu bemerken. Warum nicht nen Gang runter, und so lange was machen, wie man will und kann. Natürlich gibt das System das nicht her. Und nem Briefzusteller kann ich damit nicht kommen, der zeigt mir nen Vogel, obwohl er mittlerweile satte achtfuffzich einfährt. Zynisches Land, in dem sich die Trittbrettfahrer, die, die die Kohle der Leistungserbringer verwalten, eine goldene Nase verdienen. Die schmierigen Bänker, und Anlageberater, diese Maschmeiers, die den Mob verarschen und sicht nicht dafür schämen, im Gegenteil! Diese Middelhoffs, Schmierlappen wie die Schlepper in Marrakech.
Alle Freiberufler und Selbsständigen haben es doch in ihrer eigenen Hand, sogar ihren Job irgendwo zu machen. Und es ist auch nicht ehrenrührig, mal was Neues auszuprobieren. Das Schönste ist doch ganzheitlich zu leben, heisst, nicht die strikte Trennung von Beruf und Lebensmittelpunkt. Ich empfehle sehr zur Lektüre „………“, von Uli bekommen.(Kanste den Leuten bitte mal den Titel nennen, dann haste die Chance, auch mals was im blog zu schreiben). Da hört der Schneider auf zu schneidern, wenn genug Kohle zum Leben da ist, und geht sich erstmal einen ballern. Das schont auch sehr die Ressourcen. Wenn weniger Kohle da ist, wird auch wenig Schwachsinn konsumiert und es bleiben einige Rohstoffe noch schön gemütlich liegen für kommende Generationen. Was ist denn da los auf unseren Strassen, auf den Weltmeeren und oben ? Da wird nur überflüssig produzierte Scheisse hin und hergekarrt, Scheisse, die keiner braucht, aber für nen Appel und nen Ei verhökert wird. Und in der Wertschöpfungskette jegliche Vernunft und Moral ausser Kraft setzen. Wir sollen das bitte alles kaufen, damit alles im Fluß bleibt. Sagen unsere Voll(ks)waisen. Klar, stimmt ja auch, systemimmanente Erfordernisse. Never change a running system, doch, wenn es in die falsche Richtung runnt. Also ich brauche : was zu essen, am besten aus Heidhausen vom Hof, Diesel, Bier (Stauder aus ökologischen Gründen), Gitarrensaiten einmal pro Jahr, Holz zum heizen von Heiner, einen Internetzugang, Strom, Wasser, Rotwein aus Bad Dürkheim. Was rege ich mich auf, Ach Gott, jeder ist seines Glückes Schmied, nicht jeder hat ein schmückes Glied.

Übrigens :

Der Wind blies heut aus Süden toll
wo ich Etüden üben soll,
nicht üben ich Etüden mag,
ich hab heut meinen müden Tag.

Hat der geniale Eugen Roth mal gezaubert. Ich widme es dem windigen Essaouira.

Und noch einen von Malmsheimer :

„Wollen hoffen, dass der Wind im Rücken nicht unser eigener ist“

Wir hören voneinander.

 

Schick

Marrakech, 19.04 Uhr, Adrenalin und Kortison schlummern noch, trotzdem, wir machen uns fein für Jad Mahal. Ich bin relativ schnell fertig, weisses Stehkragenhemd ( 49,95 €, 2014), Leinenhose (Ansons, 69,95€, 2013), rotbraune Slippper ( Fluchos 39,90€, 2014), VISA Karte, (05/2018) rasiert und warte und warte und warte im herrlich kühlen Patio. Steffi zieht das volle Programm durch und an. Eher wenig. Schwarzer Jumpsuit, aber welches Schuhwerk ? 1,4 km Fußweg sind ohne orthopädische Hilfe in die Neustadt zu bewerkstelligen. Ich warte weiter und schreibe. Und warte, vermutlich telefoniert sie mit ihrer Mutter, coaching. Ich höre ein oh,la,la aus der ersten Etage, die Französinnen scheinen beeindruckt. Oh ja, ich auch. Kortison, Adrenalin lünkern und Testosteron ist fit für den iron-man.
Oh Gott, so verlassen wir also unser Riad, laufen über den jemma el fna, spielen  Anwältin und Arzt. (Weiss ja keiner, dass wir bald Hartz 4 beziehen).
Steffi wegen Absatzerhöhung auf Augenhöhe, ich wegen vermuteter Absatzerhöhung im avisierten Lokal verunsichert, Maut-Gebühren auf dem Heimweg entrichten zu können. (Hätte ich mal was richtiges gelernt, Nasen korrigieren zum Beispiel).
Wir werden quasi erwartet, John Malkovich und Angelina Jolie, der Breitschultrige macht den Diener und reicht uns weiter an Madame Tischgeleitung. Kurzes, kanppes, sehr kanppes Mini Kleid, knallrote Hacken. Ich schaue weltmännisch zu ihr hinauf, sehe aber nur das Kinn von unten, meine Näschen auf Dekolteehöhe. Da sitzen wir also unter den Schönen und Reichen bei sehr gedämpftem Licht und angehmer Luft-Konditionierung. Es gibt ordentlich was aufs Brett, dazu Rosé. Dann, das Messer gleitet durchs Rind, 110 Dezibel, Mucke und live-performance, Feuertanz. Hä ?  Que pasa ? Nun gut, weiter am Rind und Lamm. Und wieder, sechs bauchfreie, vollschlanke Damen tänzeln in den Raum behütet mit brennenden Adventskranz/Teekannen-Gestecken zu Elektropop. Hä? Erinnert doch sehr an die Geschichte von Timmerberg, wo der Sultan Abdülhamid II Kerzen auf hunderte Schildktöten getackert hatte. Eine fordert Frau Ebeling zum Tanze. Wahrscheinlich nimmt mich die Hochhackige gleich Hucke-pack. Steffi kommt auf Arbeitstemperatur, wird ohne Unterlass beglotzt von einem Mel Gibson Plagiat. Der hält mich wahscheinlich für Papi. Arschloch. Steffi hat einen Mordspass. Ich begutachte mal eben professionell das weitere Ambiente, und als ich wieder zu Tische komme, hat Steffi bereits die silver-VIP-card für nachher vor sich liegen, heisst ab 2.00 Uhr geht da was ab. Wir wechseln nach dem Dessert in den Barbereich, da sieht es sehr nach Live-Mucke aus. Steffi geniesst doch sehr die ihr angediente Aufmerksamkeit. Und flirtet, was das Zeug hält. Schon verrückt, ich tue cool, bin es aber merkwürdigerweise auch. Lady soll ihren Spass haben, und den haben wir dann auch gemeinsam. Alter Sack mit Party-queen. Ich geniesse still aber nicht heimlich die Ansammlung vollendeter weiblicher Schönheit, eher junges Gemüse. Bin beglückt ob der Gelassenheit in der Wahrnehmung weiblicher Oberweiten und Hinterteile. Es ist nicht mehr imperativ auf sofortige Fortpflanzung getrimmt. Endlich. Die Gnade des Alters, oder was ? Was war das immer bitter in Thailand, oder was weiss ich wo, die erbärmliche, notgeile Pawlow-Scheisse. Vorbei, was ein Segen. Die Schrumpfmuffen Ladies mit genügend Tata aus Lissabon, tragen Kleid und alberne Handtaschen einer gängigen Edelmarke. Dann fangen die Jungs an zu spielen, Mainstream-Pop der Achtziger. Gut gemacht. Der Saitenquäler sieht aus wie der langhaarige Gene Hackmann mit Influenza. Da kocht die Hütte. Steffi versucht mit unwiderstehlichem Augenaufschlag dem Barkeeper nen paar gratis Gin-Tonic aus dem Regal zu leihern, dann hätten wir noch Kohle für ne Tankfüllung im portefeullie. Und dann Finale… Highway to hell, ich kack ab, Amtlich dargeboten.
Wir verzichten auf die VIP Party, wollen ja gleich weiter in den Atlas. Sehr gelungener, dekadenter Abend. Das Testosteron hat sich mit dem Gin verbrüdert und zurückgezogen. Jetzt wieder Basic-life. Ein paar Stunden Heia machen.
Ich hole Landy von seinem Parkplatz, wir packen ein und fahren erstmal zum Carrefour, ein paar Sachen einkaufen, Alc-Abteilung, müssen ja noch 2 Wochen schaffen.
Es ist wieder eine Affenhitze, wir sind nicht besonders ausgeschlafen. Vernunftsbefreite Abendgestaltung zollt ihren Tribut. Und dann finden wir am frühen Nachmittag unseren Traumplatz am Fluß. Stühle ins feuchte Nass und ein Konterbier. Das kommt gut. Reinlegen auch. So plempern wir auf drei Pötten, grillen ein paar Hühnerbeine und albern den Restabend herrlich rum. Nach Einbruch der Dunkelheit gehts hier aber mächtig ab. Eine Sound-Kulisse vom Feinsten, von kopulationswilligen Fröschen,  wird aufgeboten. Nach nem Fläschen Rosé gehen wir pennen. Es kühlt sich herrlich ab. Endlich.
Ich wache gerädert auf, irgendwas ist im Argen, ein schöner kühler Morgen, aber da stimmt was micht im Regelkreis. Egal, da muss ein Mann durch. Es gibt regen Flußverkehr, 7,5 Tonner brettern durchs Flußbett und laden Matsche.
Wir dümpeln so vor uns hin, ich muss mich zmeimal ablegen. Hat mir etwa Mel Gibson KO-Tropfen ins Getränk geschüttet ? Oder hat mich Gene Hackmann angesteckt ? Biesemann, reiss dich zusammen. Irgendwann Mittags brechen wir auf, weiter den Atlas hoch. Die haben hier in den letzten zwölf Jahren aber mächtig Teer verarbeitet, das war damals spannender und schöner. Wir haben nämlich Scheiss Licht. Und wenn ich irgendwas nicht leiden kann, dann scheiss Licht. Alles ist hell und diesig, kaum Konturen in den Bergketten. Die schneebedeckten Gipfel sind mit Großmut zu erahnen. Ich werde kein Photo machen, du doofes Wetter. Bei amtlichem Studiolicht ist das hier ein Traum. Bei mir wirds auch diesig im Gebälk dank der Pyrogene diesich fit machen. Wir erreichen den Tizi´n´Test, die Passhöhe auf 2100 Meter. In der Kehre gibts ein Cafe, und wie sich rausstellt, hat der gute Mustafa auch Zimmer und einen Stellplatz für uns. Wir nehmen ein Berber-Omelett mit Weihnachtskaffee (Die spinnen) und da kack ich ab.
Schüttelfrost vom Feinsten. Eigentlich ganz angenehm nach der ganzen Hitze, aber man weiss ja, was das Geschnattere beabsichtigt, nämlich eine satte Temperaturerhöhung im Innersten. Gesegneter Mustafa, wir kratzen die letzten Dirham zusammen, und checken ein. Ich liege sofortement  bibbernd und  wollbedeckt in einem herrlichen Steinhaus-Zimmer. Der Wind pfeift, Steffi kümmert sich rührend und ich nehme zur Steigerung des Wohlbefindens ein paar Schlucke Roten. Zwischenzeitlich hat sich Mustafa volles Rohr in Steffi verknallt, ihm ist es ganz Recht, dass ich ausgeknockt hier darbe, denke ich. Eine Zoplicon soll die mittlerweile 42,3 Grad Körpertemperatur geschmeidig im komatösen Schlaf erträglich machen. Nach fünfzehnstündiger Bebrütung wache ich auf und habe einen Mords-Bock auf nen richtigen Kaffee. Einen ohne Zimt und Cumin und Safran und Zwiebel. Ich lebe. Auch nicht schlecht. Steffi hätte auch ne Schlaftablette nehmen sollen, mein Delir hat ihr mächtig zugesetzt, sie hätte sich ja auch zu Mustafa legen können.

Erklärungsversuch :
Da kommt so ein hitzeungeschulter Depp in nachmittäglicher Hitze an einen Fluß, setzt sich mit dem Decathlon-Sitzmöbel ins kühle Nass, legt sein äusserst cooles Kopftuch zur Seite und gönnt sich zur Feier des Tages ein paar Döschen. Und sitzt da und sitzt, und geniesst die kühle von unten und ignoriert den Ballermann von oben. Da kommt das Stammhirn in Erklärungs- und Regelnot, von oben schmörgelnde Hitze durchs haarlose Schädeldach, von unten kühler Blutrückfluss, das macht kein Thermostat mit. Schön bescheuert.

Wir frühstücken und fahren runter ins Tal, gleiches beschissenes Licht, ein paar Hitzewallungen geben sich die Ehre. Wir machen dann ordentlich Meters, über Taroudannt, Agadir (oh Gott), und wollen irgendwo an der Küste einen nettes Nachtlager errichten. Das Agnus dei schlummert im Engel, Grillkohle ist besorgt. Nicht ganz einfach, unser Ansinnen, einen Traumplatz zu finden. Aber es muss sein. Ich habe mir vor zwölf Jahren gewünscht, als ich mit nem Mietwagen hier durchgeschippert bin, nen richtiges Auto zu haben, mit dem ich ans Wasser komme. Das muss jetzt eingelöst werden. Und wir finden ihn, eine Mörderpiste, die wir von oben erahnen, schlängelt sich den Berg herunter. Und dann stehen wir am Strand. Der Lorenz macht sich fein für seinen temporären Untergang. Ein paar Meter höher residiert Ibrahim, der bewacht hier ne Hütte für nen Typen aus Casablanca. Er bietet uns Asyl neben dem Gemäuer, aber wir wollen unten am Strand allein sein. Es ist immer wieder verrückt, du fährst durch vermeintlich menschenleere Gegend, wähnst dich am Arsch der Welt, und überall hockt jemand mit seinen Ziegen und Eseln. Überall. Du fähst Lichtjahre unmögliche Pisten und dann laüft da einer lang. Und noch Einer. Woher ? Wohin ? Wahrscheinlich hocken noch etliche in den Arganen, man sieht sie nur bei Freibier.
Wir sind also bestens untergebracht, und dann gibts Psychoterror, wir sind beide dermassen scheisse drauf, ich suhle mich hinrichtend im rekonvaleszierenden Sumpf, setze mich neben den Landy und besaufe mich, rühre keinen Finger, und wir verpassen den Sonnenuntergang. Nix Agnus dei, ne Tütensuppe mit altem Brot ist das Attribut für diese Scheisse. Erstaunlich, wie einfach man sich das Leben zur Hölle machen kann.
Nun hocke ich hier am Strand, trinke Kaffe, Frau Ebeling schläft noch, und ich geniesse die Gesellschaft eines autistischen Esels. Bald darauf taucht Herrchen auf, der sammelt Watt-Würmer und scheint nicht im geringsten verwundert, dass sich hier über Nacht ne Landy-Trutzburg mit Camping-Accesoires materialsiert hat. Und dann. Zweiter Kaffee. Stunde später. Zieht hier ne dreissig-köpfige Schulklasse am Landy vorbei, man begrüsst mich in freundlichem Oxford-Französisch. Ich kann nicht mehr. Hier !!!!! Sind die eingeflogen worden ? Haben wir den Heli Landeplatz nicht gesehen ? Frau Ebeling erwacht und wir versöhnen uns !

Marrakech

Marrakech. Immer noch der quirlige Wahnsinn. Schwupp rein mit Landy und Schluß in der Medina. Reuse. Ein erst nerviger, dann kompetenter und freundlicher Mopdedtyp gibt uns die angemessene Eskorte im Feierabendverkehr, der fängt hier übrigens schon morgens an. Dagegen ist Bangkok wie Idar-Oberstein am Heiligen Abend. Er macht einen guten Job, den ich angemessen entlohne, Dafür kann er seine Kumnpels mal hochleben lassen. Wir treffen also ein, in diesem unbeschreiblich hübschen Riad. Alles in perfekter Harmonie, die Schlossgartenfarben zu taubenblau, der Patio herrlich begrünt und besungen von geflügeltem Tier. Wir glotzen uns dermassen satt, dass das Abendbrot entfällt. Nehmen ein paar Gläschen vom Mitgebrachten auf der Dachterasse und blicken auf den jemma el fna. Wir teilen uns die Hütte mit zwei sehr ansehnlichen, sehr jungen, sehr monolingual ihrer Muttersprache verpflichteten Französinnen, die dem von Sinnen gebrachten Hüttenwart allmorgendlich ein paar Dirhan in den Patio werfen, do dass jener sich anschickt, Süsswaren beizubringen. Ich denke, der würde sich auch gern anders einbringen.

Normalerweise schäme ich mich wenig, früher, wenn ich in Cisse´s Anwesenheit ein A-moll spielen wollte, vielleicht, oder beim singen, was ich nicht kann, aber gerne tue. Oder ganz früher, wenn ich Oma´s selbstgenähtes Matrosenkostüm zu Karneval tragen musste. Oder unter der Sammel-Dusche mit dem kleinen Heineken. Längst(!) vorbei. Aber Fremdschämen geht immer, insbesondere, wenn die ignoranten Studiosus Leute mit Bäedecker Guide auftauchen und heimatliche Verhaltensweisen importierend präsentieren.
Gestern aber war schämen und zwar richtig. Da haben wir also nen Sack voll sehr getragener Dreckwäsche, da reicht die Tube Rei wirlich nicht. Also gehen wir umme Ecke zu so einem Waschsalon. Eine sehr hübsche Marrakechianerin, zarte, feingliedrige Hände mit sauber lackierten Nägeln, packt den Sack aus. Ach du Scheisse. Im wahsten Sinne. Steffi hats geahnt. Nimm den Sack doch, und pack ihn in den Lavamaten und zwar bei Dunkelheit, und nimm dir ne Wäscheklammer fürs Näschen, du Schöne des Salons.
Also, jedes Stück Stoff, JEDES, auch mein underwear, wird auf dem Tresen ausgebreitet. Ich möchte weg hier, sofort, oder ein Loch graben, Steffi hol doch schnell den Klappspaten. Die meisten Hosen sind auf links, wer zum Teufel hat das gemacht. Oh Gott. Die marokkanische Küche überlistet doch gelegentlich den Schliessmuskel. Madame Laundry, verzieht keine Mine, professionell arbeitet sie sich durch die Baumwolle. Bestimmt hat sie früher in den Leder-Gerbereien gearbeitet. Es stinkt. Ich weiss nicht woher, wir stehen auf nem Gulli, scheissegal, es ist zumindest sehr missverständlich. Es stinkt nach Scheisse. Bestimmt aus dem Gulli. Gleich kollabiert sie, ich ahne es. Vielleicht kann ich sie wiedergutmachend reanimieren, frisch geduscht und mit reinem Dessous, ein Prachtkerl von Arzt in weissem Hemd, der beglatzte Traum einer jeden Berbera, holländisches Pfannkuchen-Gesicht in Vollendung, bebrillt von Rayban, Hose von McTrek (79,95€). Steffi´s Höschen wirken dagegen wie zarte, zerbrechliche Blüten, ein Hauch von Morgenluft. Zumindest optisch. Die Schöne quittiert, unbeeindruckt, ich zahle den gewünschten Obulus, der eine Gefahrengutzulage zu beinhalten scheint. Soll sein.
Wir haben 41 Grad, will heissen (!!!!), wir verbringen einige Stunden im Cafe Kasbah auf der Dachterasse, wo die pfiffigen Leute rhyhtmisch Wasser zerstäuben.
Happy Aua ist in unserem Quartier angesagt, wir nehmen Mojito und Pils, order one get two,
in einem sehr, sehr, sehr gediegenen Laden. So wie überall, wo bekloppte Touris wie wir, mal eben ein ortsübliches Tagessalär wegkippen. Alc in der Medina, hats vor 6 Jahren so nicht gegeben. Globalisierung. Die Spaghettiträger-Schrumpfmuffen Mädels aus Lissabon tragen jetzt Mini-Kleider zu ihren Badelatschen und verprassen Papis Kohle.
Das unvermeidliche kommt, wir speisen auf dem jemma el fna, na ja speisen geht anders, aber really good atmosphere hier. Steffi kriegt ungefragt einen Henna Stempel mit satanischen Versen auf die Hand gesaut. Oder sind es geheime Botschaften? Kaligraphierter Pranger wegen Alkoholgenusses? Wir wissen es nicht.  Mir schmerzt satanisch die Ferse, weil beschuht.
Heute strammes Programm. Die Souks und die Gerbereien. Beides must see, beides Nepp, beides nervt. Aber Steffi muss es sehen und riechen. Der Tacho zeigt 38 Grad, da geht eigentlich noch ein wenig. Also der übliche Schlepper-Scheiss, inclusive Dromedarleder-Puff. Der letzte ist eh hinüber, gammelt in Heidhausen. Jetzt 42 Grad, Ende.  Wir stellen um auf Fahrenheit, 107,6 Grad, klingt angemessener gefühlt. Wir erstürmen unser Riad und knallen uns in die Waagerechte. Bis 19.00 ist erstmal Erhaltungsstoffwechsel. Atmen, nicht bewegen. Heute Nacht steht Jad mahal an, wollte ich damals mit Jan hin, sind aber im Pascha gelandet. Vielleicht ist Robert Plant mal wieder anwesend. Habe Alpträume im Halbschlaf, Grönland, Eskimos, Langenese. Aha, ein Zeichen. Hole uns zwei Magnum und  Schweppes, definitiv besser als Sex.
Es ist genug hier, Marrakech reicht jetzt. Irgendwann geht dir alles auf den Sack, du kannst diesen Leder, Lampen, Schuh, Messingkram nicht mehr sehen, die Typen, die den ganzen Tag diese Scheisse verwalten nicht mehr ertragen, Willst nicht mehr Tee trinken mit Ihnen. Keinen O-Saft mehr (haben ne Hypervitaminose, die Ascorbinsäure ätzt am Arsch). Willst nur noch im Riad verharren, angenehm kühl und ruhig. Was ist das für ein Phänomen, dass alle Welt jetzt nach Marrakech will, the hottest town? Jet-set spot ? Wahrscheinlich dieses „Des Kaisers neue Kleider“-Phänomen. Noch hat kein Kind diesen Schwindel entblösst. Kommt noch. Vielleicht richte ich heute abend mal ein „speakers-corner“ auf dem jemma el fma ein. Und rede tacheles.
Du kannst auch diesen Dreck nicht mehr sehen, den Gestank ertragen. Also, liebe Marokkaner, ihr seid mit das netteste Völkchen, entspannt, gelassen, liebenswert. Aber ihr habt ganz mächtig einen neben euch herlaufen, weil ihr euren Scheiss-Müll nicht entsorgt, weil überall diese beschissenen Plastiktüten rumfliegen. Die, die nachher im Pazifik rumwabern, die uns Deutschen mal wieder ein mächtig schlechtes Gewissen machen, wenn Caren Miosga betroffen berichtet.  Nix da, das sind nicht unsere !!!! Eure, und Thai-Tüten. Stellt verdammt noch mal ein paar Mülltonnen auf, ist ja mal ein Versuch wert, dann habe zumindest ich eine Chance meinen Müll loszuwerden.
Und dann kann Jürgen Trittin mal hier auflaufen und Entwicklungsarbeit leisten, ehrenamtlich in Pension. Oder Söder, strafversetzt, wenn er den smarten Seehofer nicht beerbt. Oder ne Ladung Studiosus-Biologie-Lehrer im Sabat-Jahr. Vielleicht erzähle ich das heute abend auch noch und trage anschliessend mein Döschen höchstpersönlich zur Oberbürgermeisterin nach Hause. Die hat bestimmt nen Eimer.
Morgen gehts weiter, wollen über den Atlas nach Taroudant, dann die Küste hoch nach Essauoira. Vielleicht ne Nacht oben in der Nähe des 4000ers, das Gewölle abkühlen. Wir freuen uns auf die Atlantikküste.

Aber noch eines. Von wegen Islamismus. Die hier sind genauso bekloppt und normal wie wir, ein bisschen netter und gelassener. Wie in Indonesien auf dem Dorf. Die wollen genau das Gleiche. Fressen, saufen, Sex, TV und in Ruhe gelassen werden.  Die halten uns eher nicht für Paria. Die beten und fasten, und sind noch im Patriarchat, so wie wir auch. Wir tun emanzipiert, aber ich empfehle mal ein Pfingst-Fussball-Turnier zur besuchen.  Das ist Macho-Mainstream. Da packen die Gatinnen den Adidas-Werbe-Trägern das Täschchen, wie auch dem Nachwuchs, der dann zu blöd ist, geradeaus zu gucken. Und werden verachtet.  Oder Sozialarbeiter. Die Schlimmsten, noch konservativer als Ratze, sehr belesen, Suhrkamp-Pamphlete von Maxi Wander im Naturholz-Billy, reden einen Weicheistuss und verhalten sich wie der König von St.Pauli. Uli nicht. Tine auch nicht.

Ich habe also nachgedacht und bin zu folgendem Ergebnis gekommen.  Eine für mich logische Entwicklung:

Gewissen

Die grösste Geissel des Humanun est, eigentlich eine notwendige Instanz zur Zähmung des Ego. Ein einziger Satz, holografisch gemeisselt in die Synapsen des Frontalhirns, würde ein Leben lang reichen, und uns Kapazität für Neugier und Progressivität mehren. “Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.“ Reicht, reicht für alle Tage, schlaue Leute nennen das den kategorischen Imperativ, Klugscheisser allesamt.

Das Gewissen ist gut, nicht schlecht. Schlechtes Gewissen ist Demütigung durch den Gewissensgeber, wer weiss, was der für einen kranken Satz im Frontalhirn hat. Jeder fühlt sich berufen, diese gebende Rolle zu übernehmen, insbesondere, wenn ihm Schutzbefohlene gereicht werden, denen er seine Unausgegorenheit aufzwingen kann, besonders  die erleuchteten Herren, die von Amts wegen Allem gegenüber skeptisch sind, fühlen sich der Kunst des Gewissensgebens besonders berufen. Die intraindividuelle Richter-Skala, neurotisch begründet,v erwachsen, krumm und abgrundschief, wird in unverdorbenem, nach Erfahrung gierenden, fruchtbaren Boden implenmentiert, gedüngt mit einem gehörigen Prinzip Angst und Abhängigkeit. Bei Missernte Schuld, so einfach ist das. Sollbruchstellen werden geschickt plaziert, so dass der Defekt latenzfreie Selbstgeisselungen forciert und dem Gewissensgeber seine Macht sichert. Funktioniert tadellos, weil jeder, wie bei diesen bescheuerten Pyramidenspielen, Schuld durchreichen kann. Die da ganz unten sind die Arschgeigen, weil sie keinen finden, dem sie ihre Schuld andrehen können, sind die Verlierer, die keinen Atemzug mehr ohne unangemessene Reue tun können, die sich eine Gewissenskrähe auf die Schulter verdient haben. Verachten sich für ihre wahren Bedürfnisse, weil es Leid gibt, beneiden Epikur, aber werden nie so sein können. Schlimm wird es, wenn sich der Gewissensnehmer derart kreativ verselbstständigt, dass sich zu jeder Gefühlsregung ein zügelndes Pendant gesellt, schwarzen Löchern gleich, und sich grundlos an sich selbst perpetuierenden Geisselungen ergeht, dauernd neue Gewissensmetastasen gebärend, die in ihrer Autarkie jeden ethischen Zusammenhang ad absurbum führen und den Gewissensbesitzer zum Lakaien seinerselbst degradieren.

Die Gewinner sind die Seligen, die selbstbewusst sind und sich nicht verschulden lassen, auch keinen Bock haben, einen Doofen zu missbrauchen. Sie gehen erhobenen Hauptes neugierig durch die Welt, bauen dauernd Scheisse, übernehmen dafür jedoch die Verantwortung, aber nicht für die unpassierbaren Sumpfgebiete ihrer Zeitgenossen, helfen vielleicht dem einen oder anderen daraus, aber schuldlos, kreativ und gut gelaunt, deshalb suffizient, nicht gewissenlos. So soll´s sein. Amen.

Aber der Mensch scheint weder gut noch schlecht zu sein. Er ist einfach da, sehnt sich nach Nähe und Übereinstimmung, nach Seinesgleichen und Macht über sie. Und er wir zum Tier, wenn die Situation dies ermöglicht, die ehemalige moralische Kontrolle wegen Abwesenheit ausser Kraft gesetzt ist, und die klassische Autoritätshörigkeit zum Zuge kommen kann. Es gibt genügend Experminente und historische Erfahrungen zu diesen abscheulichen Metamorphosen. Man sollte sich hüten, den Zeigefinger zu erheben, es steckt in fast allen Zeitgenossen. Wie soll man den niedlichen Tratsch verstehen, das Mobbing? Da rotten sich zufällig Einstimmige zusammen, um zu intrigieren, jemanden zu beschädigen. Alltagsgeschäft. Nur ein Katzensprung zur gezielten körperlichen Gewalt und Demütigung. Die Übergänge sind fliessend und bestens sozialisiert. Überall wird ausgegrenzt, obschon alle den furchtbaren Schmerz einer solchen Abstrafung kennen. Die Gründe sind grundlos, nicht persönliche Beeinträchtigung ist der Motor, wenn überhaupt, dann die Vermeintlichkeit dessen, es ist vielmehr die Andersartigkeit, die in ihrer abstrakten Beliebigkeit zu diesen Handlungsweisen führen. Alles Fremde ist Bedrohung der eigenen Integrität, Normabweichungen die Legitimation zum Hass. Und am schönsten sind diese archaischen Gefühle in der Gruppe, die dadurch erst ihre zweifelhafte Bedeutung als Zweckgemeinschaft bekommt, und den Stammtisch etabliert. Der steht zum Glück noch in der Öffentlichkeit und zwingt zu vorgehaltener Hand, aber wehedem kommt jemand auf die Idee, das Gasthaus zu verammeln, dann dürfte der Ungehörige keinen Spass mehr haben. Vielleicht kommt dann jemand auf die bierselige Idee, das Alien nackt an die Leine zu nehmen und ihn zu bepissen. Selbst abscheuliche Initiationsriten in angesehenen Institutionen werden gerne unter Ausschluss der Öffenlichkeit zelebriert, obwohl das Ziel die Gruppenerweiterung ist, führen sich die etablierten Würdenträger auf, als hätte man Ihnen ins Hirn geschissen und sind so dermassen blöd, die Scheisse auch noch zu filmen.

Also, wir haben glatzköpfige Faschos, die haben bärtige Volldeppen. Eins zu eins. Remis.  Hab keine Ahnung von Syrien oder Jemen, die Saudis sind eh bekloppt, aber merkwürdigerweise unsere Freunde, obwohl sie sich verhalten wie IS.  Die ballern hier übrigens auf ihren Jagden in der Wüste rum. Ist da etwa Öl im Spiel?  Peter Scholl-Latour, Gott habe ihn selig, würde mir wahrscheinlich den Stinkefinger zeigen für soviel unausgegorene Scheisse. Sei´s drum. Musste  mal gesagt werden.

Cool

Zum Glück treibt mich der endlich einsetzende Harndrang früh aus dem Zelt. So habe ich die Chance auf eine Sonnenaufgang in den Dünen. Vorm Landy pennen die Guides. Ich koche mir leise meinen Kaffee und bereite die Drohne zum Spionageflug vor. Keine Fliege weit und breit, und kühl ist es sogar. Der gelbe Lebensspender kriecht über einen Dünenkamm und giesst warmes Licht aufs Lager. Jetzt aber Start. Das denken auch die Fliegen, die es ihrem ferngesteuerten Bruder gleichtun. Was ein Gaudi. Die Berberschar hat eine kindische Freude am Fluggerät, man hält mich für eine Dschihadisten mit Attentatsabsicht.Keine Spur vom Camp-beau, vielleicht muss er ja noch bäuchlings verharren. Ich muss mich auf das ferne Steuern konzentrieren. Das ist lustig, wenn die Fliegen das leere Grab des dattelähnlichen Asservates aufsuchen und beide Hände am den Joysticks kleben.
Es gibt Frühstück und danach sind all die anderen Touris wieder mit ihren Guides unterwegs. Wir lassen uns noch ein wenig Zeit und starten dann bei bestem Wetter. Noch keine Höllenhitze, aber sie kündigt sich an. Landy hat Spass am Weichsandfahren, hat sich an die Badelatschen gewöhnt. Es ist merkwürdigerweise viel Grünes hier im Sand, teilweise noch gelbe Blüten sind zu sehen. Ein Typ, den wir in Chefchauoen trafen, hatte erzählt von einem wahren gelb-blauen Blütenmeer, was einem die Sinne betörte. Ich glaube es ihm, wenn man weiss, dass auch hierhin ne Menge Wasser von den Bergen kam.  Wir pausieren, hängen unser Moskitonetz an einen krüppeligen Baum, aber die Scheiss-Fliegen beamen sich unters Netz. Trotzdem tauche ich kurz in einen Minutenschlaf.
Weiter nach Westen, Steffi navigiert vorzüglich, wir geniessen die Landschaft. Machen Halt an einem Mc-Drive, wo es warme Cola gibt. Möchte wissen, was der Typ den ganzen Tag hier macht, Stunden entfernt von Zivilisation. In der Ferne der fliegende Holländer, Dünenberge schwimmen im Meer, Söder taucht kurz auf, zum Glück nur ne Fata morgana? Oder der Marketender des Lagers hat uns LSD in die Marmelitschka gepanscht. Der fliegende Holländer entpuppt sich als üppiges, sehr wohl verankertes Gebirge. Söder als ein unahnsehnlicher Steinklops, die Dünenberge wabern weiter auf Flimmerglitsche.  Wir fahren über den Grund des ausgetrockneten Lake iriqi, gleich zünden die Raketen am Landy und wir erreichen Mach II.
Dann ist langsam Schluss mit Sand, wir müssen über scharze Kies-Piste. Ein paar Windhosen am Horizont haben es sehr eilig und kommen mit einem Affenzahn auf uns zu. Aber wacker die Fenster hochgekurbelt. Meine Fresse, sie führen einen Freudentanz um uns herum auf, nette folkloritische Einlage. Nach ein paar Minuten ist es wieder ruhig und der vermeintliche, vorübergehende graue Star genesen. Hätte dem Wind gern ein paar Dirham ins Höschen gesteckt. Perfekter Tabledance.
Nach dem schwarzen Kies zieht sich eine beschissene Steinpiste endlos in die Länge, Gebirge rücken näher, und der heisse Wind wird unerträglich. Ich muss mal gross, und wie ich so abseile, bläst mir der Fön auf den Anus, dass es eine grosse Freude ist. Das muss man mal etablieren im heimischen WC. Die Thais machen das ja mit warmem Wasser, die Schlingel.
Endlich erreichen wir Foum Zguid, es ist schon später Nachmittag, aber wir wollen noch weiter über Asphalt nach Tata. Landy kriegt wieder seine Sieben-Meilen-Stiefel und freut sich auf Schmackes. Wir gleiten die Strecke dahin. Ein empfohlener Camping Platz ist unser Ziel, wir sind völlig im Arsch und die einzigen Gäste. Die beiden Tage waren in ihrer Schönheit und der Erlebnisfülle der Hammer, aber auch erschöpfend. Da haben wir unserer Physiologie mächtig was abverlangt. Wir pennen um 21.13 Uhr.
In Tata gibts Frühstück, eine nette unaufgeregte Stadt. Steffi hat ne Route bis Talioune rausgefunden. Der Weg ist mal wieder an bizarrem Gestein unübertroffen. In Taliouine gibts Safran. Viele Kooperativen verkloppen das gelbe Zeug, was ich übrigens heute noch an drei Fingern der rechten Hand trage, nachdem ich eine Tajine mit handgeführtem Brot ausgeputzt habe. Sehe aus wie Köttel Schlüter nach Feierabend. Die nehmen das hier gern zur visuellen amplification der überschaubaren Berber-Küche. Auf dem Zeltplatz, es gibt ausser uns noch 2 Karren, ist Beschaulichkeit, genau, was wir brauchen. Herrlicher Blick ins Oasen-Tal. und Ruhe. Der WOMO Typ aus Emden lädt mich zu einem Pils aus seinem 5 Liter Blech ein, hat Geburtstag, aber ich kann nicht, rede mich raus. Bin im und ein Arsch. Vorurteile. Hat nämlich ne Sat-Schüssel auf nem Stativ, und vermutlich nicht den begehrten Unterhaltungswert. Wie gesagt, ich ARSCH. Rede die ganze Zeit von den unglaublich netten Muselmanen hier und schaffe es nicht, mit ihm und seiner vorgealterten Gattin ein wenig Luft ins Dosenblech zu stemmen. Aber ich lauf auch nicht mit RTL II Option durch die Gegend … und ner vorgealterten Lady. Also doch Yoga zum Beleben des kleinen, aufmerksamen Grenzverkehres.
Packe am nächsten Nachmittag erstmalig die Klampfe allein für mich aus. Keine Hornhaut mehr auf den Fingern. Ein paar Schafe lauschen mir, und bei Mercedes Sosa höre ich den Esel gegenüber hingerissen iaen, zweite Stimme, ich brech zusammen, es ist der Muezzin, der mich mit seinem Glaubensbruder aus dem Nachbarort verwechselt. Die Beiden kommen immer mit kurzem Abstand zu Gehör. Die pennen wahrscheinlich den ganzen Tag, bis auf die gesetzlichen fünf Unterbrechungen. Der Eine hat den Wecker. Und den habe ich jetzt.
Es geht weiter nach El-Kelaa-des-mgoun. Hier ist das Rosenfest, big-Party, wie uns beschieden. Ein Zwischenstopp in Ouarzazate ist notwendig, die Alc-Vorräte zu aktualisieren. Der legendäre Dimitri verkauft zu vernünftigen Preisen Alles ab 4,5 Promille. Die Stadt ist voller Youngster. Auch in Dimitris Laden. Arztsöhne und Anwaltstöchter treiben sich unassimiliert europäisch rum. Ne, das kommt nicht gut. Wir waren jetzt 3 Wochen allein, manchmal netter Kontakt auf nem Campismo, oft in Mother natures Auberge. Ein paar freundliche, herzliche Marokkaner. Genau das richtige. Nie ein Auto vor uns, immer allein on the road. Und jetzt ist hier Limbecker Platz. Habe nichts gegen Arztsöhne, aber diese Scheiss unfreundliche, abgehobene coolness regt mich auf. Was ist das für ein Phänomen, dass, sobald eine wohlständige Kontur das Leben prägt, die Menschen zu Arschgeigen degenerieren. Das krieg ich nicht in die Birne. Das reziproke Arschsein. Egal wo, egal wer. Gibts da Gene für, oder was? Lieber Hanns Dieter, ich hätte gern mir dir drüber gesprochen. Wie kommen Menschen dazu, das schönste was es gibt, nämlich herzliche Einlassung dem schnöden Mammon zu opfern. Siehe oben. Ich Arsch. Wir müssen schnell raus aus dieser Stadt, obwohl es einen vorzüglichen Kaffe gibt und die eigentlich ganz ansehnlich erscheint, grosszügig, angenehmene Architektur. Und weil es mich so treibt, fahre ich unter Missachtung von Höchstgeschwindigkeiten, was ich üblicherweise tue.  Also winken mich zwei höchst adrett Uniformierte herbei, die Formalitäten werden abgearbeitet, aber nicht emotionlos, Einer entschuldigt sich dauernd, mich erwischt zu haben, es ist ihm wirklich unangenehm. Ich ermuntere ihn, mir die 30 Euronen abzuknüpfen, immerhin habe ICH die Scheisse gebaut. Es ist ein Dilemma für den armen Kerl. Überlege kurz, mit ihm ein Döschen zu nehmen, aber lasse schnell ab, das würde, entgegen meinen Absichten, Alles nur verkomplizieren. Ich signiere den Ablassbrief und wir rauschen von dannen. 30 Euronen heisst 18 Dosen Bier. Aua.
Mal wieder spät kommen wir an in diesem unausprechlichen Rosen-Ort.
Am Strassenrand Leute mit Rosengebinden. Es duftet herrlich, kühle Luft. Aber der scheiss campismo ist nicht mehr. Der EINZIGE. Hier wild campen ist kacke. Steffi rettet, wir finden die Kasbah Itran Der lehmgebaute Wahnsinn. Tausenundeinenacht. So was haben wir nocht nicht gesehen, geschweige denn bewohnt. Wir bekommen die Suite für den Preis einer doppelten Geschwindigkeitsüberschreitung, aber immerhin mit HP. Wir sind besoffen ob der ästhetischen Formvollendung im Alten. Nur die Gäste, alles Arschlöcher, Artzsohn-Väter, Anwaltstochter-Mütter, Marrokaner mit Dirham, keiner grüsst, man erwidert bemüht unseren Gruss. Alle seeehhhrr cool. Nur der Stuff ist edel im Gemüt, wie immer. Trotzdem, es entzückt hier jeder Winkel, jedes Eckchen, draussen mit Tuch und Teppich, fläzen auf Kissen.
Ich geniesse den Sonnenaufgang mit Blick ubers Tal, habe mir vorher am Landy nen Kaffe gemacht, gute Idee, denn die Plörre, die ich nachher bekomme, kann kein Schwein trinken, Da ist noch Cumin und Zimt im Spiel und lauwarmes Wasser. Dazu würden vorzüglich Spekulatius passen, und dann noch schnell Weihnachtsgeschenke basteln.
Wir fahren ins rose valley, sind etwas enttäuscht ob der Absenz der namensgebenden Flora.
Dann in die Stadt, rose-festival, ja wo denn ????. Ganz Marokko ist hier, aber keine Rose, dafür teurer, aber edler Espresso. Wir kommen ins Gespräch mit nem netten Alten aus Boulmane (da wo die Nomaden ihre meckernden Vierbeiner durchgetrieben hatten), der weisst uns den Weg ins Festival. Heisst erstmal Kirmes, wie bei uns, und Messe, wie bei uns und Hitze, wie bei uns nicht. Aber time-table, so dass wir die fantasia erleben dürfen.
Ich weiss nicht, wie es Anderen auf Reisen geht. Ich habe immer genaueste Vorstellung von den Zielorten, exakte Bilder im Kopf, obschon nicht die geringste Ahnung. Und es stimmt NIE !!!!!! Noch nie !!!!
Immer viel zu putzig mein Bild, immer eher scheisse in real. Nein, es ist weiss Gott nicht Scheisse hier, dazu sind wieder viel zu viele liebe Kurzbegegnungen anberaumt, aber die Vorstellung von Folklore in jungfräulichem Gewand, grosse Kinderaugen unter Bergen von Rosenblättern, eine Miss-Rose-Wahl, Tanz und Verzückung in nostalgischer Verklärung wäre wahrnehmbar, würde ich den kompletten Dimitri Einkauf verköstigen. Nüchtern betrachtet, nette grosse Kirmes. Crange light. Und da wir gut drauf sind, nehmen wir, was ist, und erfreuen uns trotzdem. Und buchen nochmal die Kasbah, weil der andere Camping, doch zwei, auch nicht mehr existiert.
Besuchen die Fantasia, wo Horden geschmückter Gäule und Reiter mit Affenzahn über die Arena galoppieren und final aus den mitgeführten Musketen Herrn Nobel posthum Ehre erweisen. Prächtige Atmosphäre dort. Wirklich. Eine Menge alter Säcke lungern auf den MB 207ern auf dem Dach und kloppen auf ihre Instrumente ein, Cheer-leader quasi.  Nur Steffi ist Opfer einer Typ 1 Reaktion auf Pferdehaar, wie damals in Burma. Und der Wahrnehmung seitens der versammelten männlichen Adoleszenz. Das würde auch mir gefallen, von hunderten, schmachtenden, weiblichen Twens augenfällig vernascht zu werden. Trotzdem bleiben wir, sie mit Schleier, antigen und assimiliert.
Dann aufs open-air-concerto. Ausnahmezustand. Von den geschätzten 5000 Zuhörern sind 98 Prozent unter 20, wie übrigens die Populationszwiebel hier in Marokko platt wie ein Berber-Omelett ist, mit Olive oben druff.
Ich weiss nicht, ist es sound-check oder schon Konzert ? Die 5000 wissen es, denn sie rasten beim ersten Takt aus. Für mich ist es nach wie vor Soundcheck, und zwar misslungener. Aber egal, eine Wahnsinns-Stimmung, und wieder 5000 Augenpaare verheddern sich an Frau Ebeling, die das irgendwie nicht so geniesst, wie ich es täte. Keine Tränke, weit und breit, nur O-Saft-Kutscher. Erstaunlich ist, dass die Jungs allesamt tanzen, keine Scheu, und das ohne Promille. Respekt. Ich bräuchte so 3-4 Döschen. Wir entdecken einen Hühner-Heini und ordern zwei Halbe, die wir mit auf unser Zimmer nehmen, dazu ein Weinchen. Steffi schläft ziemlich schnell ein, ich hocke mich noch auf die Lehm-Loggia und hacke dies hier in die Tasten.
Ein wenig Missmut beschleicht mich hintenrum, alles ist bestens, wir sind wieder in unserer Edel-Kasbah, aber irgendwas stimmt nicht. Helfe mit noch nem weitern Gläschen der Wahrheit auf die Spur. Aha, es ist zu schön, zu edel, zu urlaubsmässig, zu dekadent. Ich muss in den Landy und ab ins Gebirge, will wieder im Dachzelt pennen, atemnehmende Sternenhimmel geniessen, Kerlen, die auf Ziegen starren, ne Fluppe anbieten. Beim Frühstück erzähle ich Steffi davon, sie sieht es genau so. Juchuuuuu. Also ab auf die Piste. Wir fahren wieder über Ouzarzate Richtung Marrakech, und biegen auf halber Strecke links ab in die Berge. Da ist sie wieder, die einsame Natur, wir drei geniessen die Strecke. Landy ist wieder in seinem Element. Was ne Karre, aber sagte ich bereits. Aber, falls ich doch mal die Chance auf ne Audienz beim Franziskus bekäme, würde ich um Seligsprechung des Chef-Entwicklers des Toyota HZJ 78 bitten. Der Kerl hats verdient. Und dann, wo wir schon mal dabei sind, die Ehrendoktor-Würde für Herrn BF Goodrich, der mit seinen All-terrain dem Landy die besten Cowboy-Stiefel aller Zeiten verpasst hat.
Wir finden in einer Kehre nen kleinen Stellpaltz, gegenüber, zum Greifen nahe, die schneebedeckten Gipfel des Atlas nach unten ausschleichend in grünem Faltenwurf, wie ihn die flämischen Maler nicht hätten besser zeichnen können. Hier nehmen wir aber ein Jäckchen und Söckchen, mein lieber Scholli, kühl ist es hier, nachdem der Lorenz hinterm Gipfel verschwunden ist. Herrlich, mal wieder Kühle. So gekleidet nehmen wir ein rustikales Abendmahl und freuen uns, dass der Rote schnell im Glase Raumtemperatur annimmt. Ein Eselchen, ein Wau-wau und Herrchen machen uns auf dem Wege nach Hause ihre Aufwartung, Steffi, immer den Hunden zugetan, spendiert ne Friko. Und dann ist Stille, ein umwerfendes Firmament mit kleinem, abnehmendem Mond soll die Stimmung anheizen. Noch nen Gläschen, und da….Scheinwerfer. Kommt ne Karre angerauscht, Golf mit 7er Besatzung, brettert in vollkommener Dunkelheit über die Bergpisten. Unglaublich. Ein kleines Hallo, freundliche Nachtwünsche, und da brettern sie wieder von dannen. Die Piste fand ich schon bei Tageslicht höchst  respektabel und allradpflichtig.
Es ist 6.00 Uhr, ich steige ins Erdgeschoss, der Lorenz wird sich in einer halben Stunde die Ehre geben, Zeit einen richtigen Kaffee zu nehmen. Da kommt das 3-Gestirn wieder des Weges, in umgekehrter Richtung. Aha, Ziegenhirte von Beruf, der Gute. Mäh-äh, määhäh sind die Verlautbarungen beim heiteren Berufe-raten. Ich weiss nicht, wie ich meinen in Mundart begreiflich machen soll, lass es dann lieber, bevor es Missverständnisse gibt. Wau-wau bekommt ne Friko, Eselchen ne Möhre und Herrchen ne Packung Marlboro samt Zündgerät.
Dann wieder Stille, Steffi ratzt noch bis dass ein Jeep mit 4 alten Kapuzenträgern die Piste raufgenagelt kommt. Die haben einen Mordspass inne Backen, wir palavern ein wenig. Ich verstehe kein Wort, aber das Herzchen übersetzt. Und dann nageln sie weiter. Scheint hier die hiesige Ortsumgehung zu sein. Bin froh, behost zu repräsentieren. Eben als Botschafter des guten Geschmackes, nicht wahr Herr Marsch ?
Wir geniessen den Morgen, alle scheinen nun auf Arbeit, machen nen Berber Omelett. Gleich gehts weiter nach Marrakech. Eigentlich haben wir keinen Bock auf Massen und zivilen Gehorsam, aber Steffi muss unbedingt diesen Moloch erleben. Ausserdem haben wir nen Zimmer in einem Riad direkt am jenna el fna über Airbnb gebucht. Scheisse, wieder so was Nettes! Helge Timmerberg hat sich noch nicht zurück gemeldet, der lebt in Marrakech. Würden gerne nen Pilschen mit ihm nehmen. Aber vielleicht laufen wir uns ja übern Weg. Würde mich nicht wundern.

Wüstes

 

Mein lieber Onkel Otto. Eines sei vorweg genommen. Die nächsten 2 Tage in der Wüste machen klar, wer hier Chef ist. Sie, die Wüste! Wir werden bei aller unglaublichen Schönheit Grenzerfahrungen machen, nicht nur zu Algerien. Aber langsam.

Was ist es eigentlich mit Dobrindt, Seehofer und dem unsäglichen Söder? Kriege hier nichts mehr mit. Und warum ? Weil ich es nicht will! Tagesschau 100 Sekunden war nur in den ersten 2 Wochen Pflicht ! Aber bald, wenn der Papi wieder zuhause ist, dann liest er wieder seine FR und den Spiegel, um mit seinem beknackten Halbwissen bei sogenannten Diskussionen Tand und Blendwerk aufzutischen. Das hat Stil im Land der ehemaligen Dichter und Denker! Aber bis dahin will ich meine Ruhe haben. Will das Jetzt unvergeistigt zulassen lernen. Das geht. Gut sogar.
Also nochmal, Söder und die restliche Lederhosengang wollte ich eigentlich mal in die Wüste schicken, also so als Idee für politische Erneuerung. Aber nix da, das wäre ökologische Ignoranz. Die sollen auf dem Watzmann bleiben. Die sind nix für Mama Wüste. Es sei denn, sie hätten kein Wasser dabei.

Also, wir sind ja eigentlich noch in Zagora. Unsere Gäste im Dickdarm sind mit allen Wassern gewaschen, wüstentauglich. Wir vertrödeln so den Tag mit Vorbereitungen für den Erg Chegaga Trip. Laden noch ne App runter fürs Zurechtfinden im Nirwana. Dann denke ich, könnte ja mal nen Döschen nehmen, zum Druckbetäuben mit den göttlichen Headphones von Steffi. Klappt gut mit gesalzenem Rock. Ich kann die schwule, air-konditionierte Fusion-Scheisse nicht mehr ertragen. Nach der dritten ist Ebbe im Engel. Also lade ich die komplette Betreuer-Mannschaft des Platzes zu einem Sundowner-Pilschen aus dem ihrigen Kühlaggregat ein. Scheisse, keiner lehnt ab, alle scheinen entzückt ob des Einstandes im Wert eines Dreiwochen-Aufenthaltes dörtens ohne Pfand.
Auch der Ghanese, den sie alle den Afrikaner nennen, weil schwatt, ist durstig. Wir machen einen klar für ein Tajine Menue für den Abend. Und da die bemerkt haben, das Papi ne Klampfe dabei hat, wird eine postprandiale session anberaumt. Zwischenzweitlich kommt einer im amtlichen Toyoyta-Overall und meint, dass Landy mal die Gelenke geschmiert bekommen sollte. Für nen Fünfer. Abgemacht. Nächstem morgen um 9.00 Uhr. Dann noch ein Zahnlücken-Schwatter, packt aus seiner mitgeführten Platiktüte putzige Automodelle in 1:25. Alles Off-roader, aus Palmenholz geschnitzt, lackiert und mit Plastikabfall verziert. Ich bestelle stante pede ein Abbild unseres Landy, so hat Pili auch ne Karre.
Wir dinnieren also im Berberzelt, der Afrikaner bewirtet und dann gehts los. Wie immer, Trommeln kloppen, Schmerzen melodiebefreit raussingen und Spässken haben. Ich tue mein Bestes, was nicht viel ist, und schruppe die Saiten groovegehorchend. Dann aber mal was aus Allemagne, wird gefordert. ich spiele „Aus dem Beton“ von Stoppock, was sonst, und sie kloppen mit. Und zum krönenden, zumindest für mich, Abschluss das Lied der atmenden Lokomtive ( ich kann nicht anders ). Haben die ein Spass dabei, dadadada dada .tütütütütütütü. Herrlich. Inse schafeling Mähness……… Wir beschliessen dann den kulturellen Teil des Abends, man lädt zum ausklingenden kiffen, mir steht nicht nur der Sinn nach Anderem. Als wir im Dachzelt liegen, kommen ein paar Verrückte in Sahara-LKWs. Wir nehmen es nur noch am Rande wahr.
Jetzt aber wacker aufstehen. Landy muss ja gleich noch bein Arzt. Der Bimbo kommt und packt den Landy aus. Ich bin zu Tränen gerührt, fühle mich wie ein Dreijähriger am Heilig Abend. Magnifique. Detailgetreu bis zum Abwinken. Leider ohne Fernsteuerung.
Dem intestinalen Aufruhr gehorchend veklappen wir noch  die 400. Generation von bösen E.coli, verabschieden uns herzlich von den bierseligen Kiffern, und fahren in die Stadt. Es ist Montag und ne Menge los auf der 5.th Avenue in Zagora.
Die Toyota Werkstatt ist der Hit, ein Gewusel von Öl, Schmiere, verschmierten Kerlen, sauberen Freunden, Ziegen, Eseln. Ne Menge Landys warten bereits im gleichlautenden Zimmer. Mohammed Gordito, der listige Chef, nimmt sich seiner an, und Landy muss nur drei Minuten im Wartetimmer Platz nehmen. Ist ja schliesslich Arzt Sohn. Einer mit ner riesigen Fettpresse und nen zweiter, der den Nippel führt, befleissigen sich des schmierenden Tuns. Während wir dabeihocken, kommen wir ins Gespräch mit Hassan, dem Paulo Coellho der Sahara, unübertroffenes Gesicht, ein Goldgriff für casting Leute aus Hollywood. Funkelnde Augen, ein prächtiges Gebiss, was beim Dauerlächeln nur schwer zu verbergen ist. Der müsste sicher nicht in einen ZuVeneer Laden.(Hallo Klaus, du alter Dentist). Der Turban aus feinstem Tuch. Er bietet mir sein Moped gegen die EOS 7D (meine Kamera). Ich lehne dankend ab, zeige mich jedoch bereit, meine Begleiterin einzutauschen. Mit einem Satz steht er neben mir zum händedrückenden Vertragsabschluss, die funkelnden Augen nun wie eregierte Glaskörper. Wacha, wacha. Madame verschwindet plörrend im Landy und nach dem fünften, neben seinem Zweitakter gestellten Gepäckstück nimmt er von seinem Rücktritssrecht Gebrauch.
Falls wir heiraten wollten, würde er eine gesalzene Berberhochzeit in der Wüste organisieren, versprochen. Dafür müssten wir den Wagen mit geistigen Getränken aus Alemania vollpacken. Ehrensache.
Abgemacht! Die hier unten scheinen sich doch mal gern einen zu schmörgeln, dünkt mich zusehends.
Der Abschmierer bläst noch den Luftfilter aus, Mohammed will uns noch nen paar Blattfedern verordnen, wohlmeinend, da die vorhandenen wie das Urmeter in Paris aussähen. Na, ja ich Depp hab ja auch drei Zentner Diesel im hinteren Zusatztank. Werde ihn jetzt erstmal leerfahren, um ursprüngliche Biegung ins Eisen zu kriegen.
Wir nehmen noch den angeblich besten O-Saft Marokkos bei Oskar und den wirklich unerreichten Kaffee, bevor wir das berühmte Schild “ 52 Tage nach Timbuktu“ besuchen. Noch ein paar Fluppen, Wasser, Wasser, Wasser, Orangen und dann ab Richtung Algerien. Es ist warm, sehr warm, sehr sehr warm, es wird mit jedem Kilometer wärmer und die Flora zeigt sich geschlagen.
Die Luft flirrt, am Horizont sind Sandverwehungen zu sehen. Die nehmen aber den umgekehrten Weg. Eine Höllenhitze, wir müssen uns entscheiden zwischen Fenster zu und Umluft Backofen, oder Fenster runter und Fön in die Fresse. Wir wechseln je nach peelendem Sandzusatz. In M´hamid nehmen wir ne lauwarme Cola, der Cafe-Kühlschrank schaffts hier nicht. Ich muss dringend mein Dessous entsorgen.  Man meint, der Trip wäre nicht zu machen, der Sand zu heiss, nix zu sehen. Die wollen sich doch nur als guides anbiedern, denken wir und fahren los. Nach ein paar hundert Metern Aspahalt-Ende, jetzt Sand. Und Hitze. Ich habe ja bereits mehrere Aufenthalte in wärmeren Gegenden hinter mich gebracht, aber das hier ist final. Normalerweise beende ich einen heimischen Saunagang nach 15 Minuten. Das wird hier nicht funktionieren. Wir saufen, was das Zeug hält, lèau minerale in Vollbad-Temperatur. Wo bleibt das Alles, normalerweise müssten wir alle drei Minuten pissen. Vermutlich atmen wir alles ab, die Bronchien widersetzen sich so der glasierenden Versiegelung durch die heisse Luft. Der Sandsturm rückt näher. Landy!, Komm her ! Nein, wir fahren nicht zurück, du musst jetzt wieder die Badelatschen anziehen, komm jetzt, Alle laufen so herum, zier dich nicht. Landy….. , du Prachtkerl, sind doch nur 120 km.
Weichsandfahren. Der Sturm treibt ginsterähnliches Buschwerk vor sich her, wie im Western, gleich kommt Yul Brunner mit nem eiskalten Pils, hoffe ich still. Es ist der Wahnsinn, Wir saufen und saufen, die Harnblase schrumpft auf Walnusgrösse. Trotzdem es ist ein unglaubliches Erlebnis, Visualisationen wie unter Droge, nichts ist bekannt, surreal, daliesk. Schmelzende Uhren. Kamele auf Stelzen. Der Sturm lässt nach und das Nichts zeigt sich in voller Pracht. Wunderbar. Wir steigen aus, und da sind se wieder, die Fliegen, garstige Biester, schlecht gelaunte garstige Biester, wollen sich an unserem feuchten Odem laben. Die einzigen Wasser-Moleküle weit und breit. Ich kann nicht anders, nehme mir ein eissssskaltes Döschen, was nach 30 Sekunden zu einem Wölkchen verpufft unter Umgehung des Siedepunktes. Ich mache ein paar Fotos, Steffi kriegt ein waschechtes Tourette-Syndrom.
Sie schreit fuchtelnd , zetert ob der Scheiss Viecher. FSK 18 ! “ Ihr verdammten …., ich reisse Euch den …. auf, ich will nach ….., ihr ver…. !“. Bin nach den 2 Schlucken Pils besoffen. Wir fahren weiter und es wird immer heisser und schöner, irrsinige Landschaft. Das Nachmittagslicht ist sehr geeignet, diese Schönheit zu veredeln.
Wir halten nochmals an, sind im Dünenmeer. Ich betrachte meine Arme, befühle sie, und fühle, was ich betrachtete. Die Gesamtausgabe von Harry Potter in Braille Schrift (Blindenschrift). Interessant schon, aber woher das Pustuleske ?
Haben die E.colis ihren Laich dort abgelegt ? Ist es eine banale Sonnenallergie, die Ankündigung des baldigen Ablebens, ungefragt angelegte Flüssigkeitsreservoire ? Was will der Herr mir bedeuten ? Der Ort des heiligen Grals in die Epidermis gemorst ? Oder doch die Toxine der  Franzmann-Notdurft im Pool in Merzouga ? Das wäre was für die Wochenschrift „Der Dermatologe“ Seite drei „Blickdiagnose-Quiz“. Soll ich mir jetzt schon Kortison spritzen ohne erst nach der heissen Nacht mit den Kamelen (s.u.)?
Totenstille, da kommt einer angeheizt, springt in prächtiger Touareg-Montur aus der Karre, schmettert einen fetten A-Powerchord auf der Luftgitarre und grinst. Ach du scheisse, Er, einer von den Brüdern gestern abend, heute als Guide unterwegs. Hat ne Käskopp Familie im voiture. Wir umarmen uns, er lädt uns ein, ihm zu folgen in so ein Wüstencamp, bivouac. Na ja, können ja mal schauen. Nach ein paar Kilomtetern ist da also Berber-Club-Med. Ein paar Kamele lümmeln im Sand. Herzliches Willkommen im Lager. Nach kurzer Überlegung beschliessen wir unsere Teilnahme und checken ein, obwohl wir ja ein einsames, schattiges, kühles Plätzchen an einer kristallklaren Quelle suchen wollten. Wir kriegen Zelt Nummer sieben. Sind zu zwölft im Lager. Da kommt er, der George Clooney der Wüste, auch Guide, und klebt mit seinem Seh-Apparat an Frau Ebeling, deren Shirt vom leichten Wind geführt, modellierend, ansehnliche Weiblichkeit offeriert. Ok, ich schlafe heute bei den Kamelen.(s.o)
Wir nehmen Tee neben dem Feuerplatz(!!!!!!) unter nem Stoffzelt, plaudern mit den dutchman. Dann gibts was auf die Platte. Gemeinsam speisen wir im Zelt bei 53 Grad, schwitzen immer noch nicht. Muss dringend noch nen Döschen nehmen, bevor sich die Harnblase wegen Untätigkeit selbst verdaut. Dann duschen, die haben echt nen Sanitärbereich, Wasser wird hier mit schwerem Gerät angekarrt, Strom aus Solarpanel. Unsere Turbane kommen zum Einsatz, um der Fliegenschar eine Baumwoll-Barriere zu geben. Steffi bekommt selbstlose Hilfe von Berber-Clooney. Notgeile Sau. Aber mal unter uns, wir sind eh, also eher Steffi das Touri-Küken in Marokko. Die ganzen Bekloppten 4×4 er und die WOMO Gangs sind alle im Vorruhestands-Alter,oder 60+, das heisst, auch die Sozias eher postmenopausal. Eher nicht das Beuteschema eines Wüsten-Clooneys. Also, soll sein, du Armer, aber verharre im Masturbat edler Touareg, in deiner Triebhaft.
Wir legen uns unter das Zeltdach, auf Kissen und lauschen dem Berber-Trommel-Gekloppe. Leider haben wir Vollmond, der legendäre Sternehimmel über der Wüste bleibt uns verborgen verstrahlt. Aber die Fliegen sind weg. Nein, ich hole meine Klampfe nicht, bleibe verzückt liegen und begebe mich in ein Wachkoma. Herrlich. Steffi schmiegt sich an und wir entschlummern. In des Nachtes Mitte verlegen wir uns ins Schlafzelt.

Pool

Glücklich und hungrig kommen wir zurück, der concierge hat sich schon Sorgen gemacht und wartet mit einem wahrlich grossartigen 3-Gang Spätmenue auf, ohne Untersetzung. Dazu ne Pulle Roten. Nach dem Abräumen gesellen sich Concierge, Koch, Gärtner und Raumpflegerin zu uns, um ein wenig zu musizieren, will meinen, zu kloppen auf die klassischen marokkanischen Dinger. Laut und erstaunlich flink, was die da abziehen. Schenke ihnen ein wenig vom Roten in unsere Wassergläser. Madame Raumpflegerin nimmt sich der Blech-Kastagneten an, also jetzt typische Gnoaua Besetzung. Die Mucke, die die Schwatten hier im Maghreb etabliert haben, überall gespielt mit Innbrunst. Sie gibt uns ne kleine Einführung und so scheppern wir mit, immer genau neben dem groove, der für uns Rhythmuslagastheniker schwer auszumachen ist. Ich hole meine Klampfe und lege mal was latinhaftes aufs Holz. und so musizieren wir gemeinsam, Steffi mittlerweile umgestiegen auf bongoeskes. Und wie wir uns so dem musikalischen Höhepunkt nähern, tanzen die beiden einzigen Damen bereits. Herrlich. Wir schliessen den Abend ab und  unsere Lehmhütte auf, und was ne Überraschung. Alle versammelt. Mücken. Selbst unter unserem Netz, ganz schön clever. Haben sich wirklich alle Mühen gegeben.
Sie fühlen sich bei einer aktuellen Raumtemperatur von 34 Grad so richtig wohl und musizieren auf ihre Art. Ade Schönheitsschlaf. Verlasse um 4.00 das dormitorio und koche mir am Landy nen Kaffee und erwarte den Sonnenaufgang beim Schreiben. Die Wiedergutmachung findet statt in Form eines sich prächtig ankündigenden Tages. Das motiviert meinen linken Zeigefinger das gleichseitige Nasenloch aufzusuchen. Und siehe da, ein Popel in Grösse und Konsistenz einer überreifen Dattel ward geboren, feinst veredelnd gepudert mit bestem Sahara-Sand. Mein lieber Herr Gesangsverein. Erstaunlich, was in meinem kleinen Näschen sich so ansammelt, muss dem Holger mal davon berichten, wäre ihm vielleicht ne Power-Point-Präsentation wert für den nächsten HNO-Welt-Kongress. Habe es aber leider versäumt, die Bergung auf Video zu dokumentieren. Falls Holger keine Verwendung dafür hat, werde ich ihn nach 3-tägiger Trocknung vielleicht einem Studiosus-Deppen als Fossil andrehen.
Beim 3. Kaffee kommt ein Guide und fragt nach, ob denn Bock bestünde, eine Chebi Umrundung zu unternehmen. Jau, machen wir, sagt Frau Ebeling. Der hat nur ne marokkanische Mittelstands-Kleinfamilie unter Vertrag und so folgen wir ihm im Landy. Oh, nein nach 3 Minuten erster Stopp. Automobilmuseum. Hä ? Was soll der Scheiss ? Wir sehen uns versklavt in so eine Scheiss Touri Rundreise, vermuten noch schlimmeres Einkehren bei Teppichhändlern und Konsorten. Und lächeln und winken. Ne, danke. Wollen uns schon absetzen , da macht einer den Laden auf. Nebenbei bemerkt, wenn mich irgendwas neben Fossilien auch nicht interessiert, dann sind es Autos, ausser richtige, wie unser Landy.
Tja, und da stehen se dann museal in Reih und Glied. Alle Offroader, aller Epochen, geil !!!! Wie aus dem Laden. Ich bin verzückt, würde Landy gerne dazuholen. Ok, wir machen weiter. Nächste Etappe. Im Hinterhof einer Kasbah gibt es ein Kulturzentrum, da hocken ein paar schwarze Vollblutmusiker und geben sich die Ehre. Und uns Tee.
Dann wieder Sandfahren. Unterwegs steuern wir ein paar Nomadenzelte an, meine Fresse, wie die leben, mit nix !!!!! Im Nix. Leben von Ziegenzucht. Kein LED 3-D Flachbild, keine Mikrowelle, wie soll das gehen?
Zum Schluss kommen wir an einen Zeitsee, ein paar Flamingos nutzen das noch vorhandene Nass zur Niederlasssung. Leider haben wir kein gutes Licht, es ist dunstig bewölkt, wir wollen doch noch in die Dünen zum Sunset. Machen wir trotzdem, zu Fuß. Meine Fresse, das geht mächtig ins Fahrwerk, im Feinkörgigen zu laufen. Und wieder gibt es von Majid Leckeres unter freiem Himmel kredenzt.
Wir beschliessen, noch einen Tag dranzuhängen, sind bereits dick befreundet mit dem Stuff und hängen so herrlich ab, springen in den Pool, richtig gehört, Pool. Habe ich 2 Tage ignoriert das All-in-Ding, auch  deshalb, weil eine WOMO Truppe aus Fronkreisch im besten Inkontinenzalter dort geplantscht hat. Kommt aber gut bei ner Aussentemperatur von 38 Grad trotz des Vermuteten.
Blauester Himmel lässt uns verzückt harren auf das nochmalige Dünen-Farbspiel am Abend. Und besser konnte es nicht werden. Unser Hubi kreisst vor Freude und filmt.
So, jetzt wird es wieder mal Zeit fürs Weiterkommen. Es gibt einen warmen Abschied von diesen lieben Menschen hier, Umamrmungen. Es war schön bei Euch.
Wir canceln die 260 km Piste an der algerischen Grenze, nehmen Aspahalt bis Zagora. Eine wahnsinnige Hitze und ne Menge Sand in der Luft sorgt für merkwürdige visuelle Irritation. Wir gleiten dahin, endlos. Vatta`s morgana. Das linke Bein liegt locker auf dem Armaturenbrett, hier braucht die nächsten Stunden nicht gekuppelt zu werden. Der warme Wind drückt sich durchs Hosenbein und liebkost mein Gemächt. Dazu pisswarmes Mineralwasser. Und dann, endlich, ich fange an zu heulen, einfach so. Tränen mit Sand. Wie schön, die Seele entleert sich endlich. Nach all den Monaten, all den Veränderungen, den Nöten, der Gewissenspein. Meine Abrechnung mit dem Gehabten. Der Angst davor, der Ungewissheit. Ich fühle mich frei und doch verbunden mit meinem Bisherigen, befreit vom Würgegriff des Unerträglichen. Und dann spielt der Player auch noch John Lee Hooker mit Zucchero I lay down.
Wir kommen am frühen Abend an in Zagora, 39 Grad. Und keine von diesen Scheiss-Fliegen hier, die Memmen, können wohl die Hitze nicht ertragen. Weicheier. Wir dünsten dünenfrei Gemüse in der Pfanne dazu unsere Beef-Frikos, die uns der Chefkoch in Merzouga in die Pfanne gekloppt hat, bevor sie zu Agar-Platten metamorphosierten. Süss, der hat die alle einzeln foliert und dann noch en gros verschweisst. Dazu gibts Glühwein. Der Platzwart legt uns nen Teppich hinters Auto und wuchtet nen Holztisch herbei, den er mit Tuch bedeckt, dazu Tee. Unglaublich.
Da hat sich doch unbemerkt so eine Gross-Kundgebung von Mikroorganismen in unseren Dickdärmen verschanzt. Wir sind glücklich, die beste CampingPlatz Toilette zun haben, die wir hochfrequent nutzen. Es kühlt sich herrlich ab, auch der Wein, der sich andient, verköstigt zu werden und das Colon zu desinfizieren.

Kirmes

Gibt es einen berechtigten Grund für die Existenz von FLIEGEN ? NEIN !!!!, gab es nie, gibt es nicht, wird es nie geben. Hören sich schon auf Latein schön bescheuert an diese elenden Viecher ( Brachycera ). Nix an Eleganz, nix an Bestaunenswertem, zumindest tut die Anopheles (Stechmücke) was, sie sticht und labt sich am Sanguinen. Das hat Stil, und sie kommt nur abends, während die Scheissfliege 24 Stunden-Schichten schiebt. Und sich nicht nur meiner Anwesenheit erfreut, sondern auch der von frisch verklappter Kamelscheisse, und zwar in umgegehrter Reihenfolge. Natürlich habe ich keine Ahnung von Fauna und Flora, von Nahrungsketten, aber ich würde das Aussterben von Leguanen und Amphibien billigend in Kauf nehmen, würde man ihnen ihre Nahrung nehmen, vielleicht würde ich sie wiedergutmachend mit marrokanischer Marmelade füttern. Der Globus ist zu klein für Alle.
Also, da wache ich auf, in der Wüste, gehnemige mir einen windigen Sonnenaufgang zum Kaffee, freue mich mit Frau Ebeling ein wahrhaftes Frühstück zu nehmen. Und da kommen se, völlig durchgeknallte ADHS-Brachyceras, kein Ritalin in Sicht, kein Flammenwerfer. Sie wollen frühstücken mit uns, die Zappelgeister. Nix da, Ihr oder Frühstück. Da sehen wir auf leerem Magen was. Ja was, wissen wir nicht, wir gehen hin. Aha, was sonst, mitten im sandigen Kies ein Souvenirshop, sehr rustikal wohl, auch die Auslage. Ausgereifte Kamelbastelkunst, und schon wieder versteinerte Langeweile mit eingekerbten Viech-Abdrücken. Kein Betreiber weit und breit. Wir stehlen nicht aber uns von dannen. Hätten sie wenigstens ne Fliegenklatsche im Angebot. Bald darauf, wir sind kurz vor dem Aufbrauch, kommen die Künstler und Betreiber ungefragt näher, und siehe da, es handelt sich um des Berbers Tochter und seinen Knirps, der Schulpflicht ofensichtlich enthoben. Hoffentlich kommen die Studiosus-Leute nicht und geben Tipps zur Eindämmung des Analphabetentums. Anal beten tu ich auch und zwar, dass sich die imperativ ankündingende Entleerungsabsicht noch etwas in Bescheidenheit übt, angesichts von Adoleszenten und der Schamhaftigkeit noch ergebenen Berberas. Wir kaufen  zwei Amulette, kein Strikckkamel, keine Perlenketten, keine Bambuspuppe und überlassen die Kids geherzt ihrem Schicksal.
Also, Steffi navigiert sowohl intuitiv als auch mithilfe des Ipads und wir schnuckeln durch die Dünen, finden einen Verklappungs- als auch einen Frühstücksplatz, nicht wissend, das die Brachycera-Sippe uns gefolgt ist. Im Windschatten des Landy scheinen sie sich genau so wohl zu fühlen wie unsereins. Trotzdem, wir ziehen es gnadenlos durch, das zur Spätmahlzeit gewordene Frühstück. Bin beim Abwasch, für marokannische Verhältnisse eine eher irritierende Rollenverteilung, da steigt einer in die Eisen. Im blauen Landy, die Karren beschnuppern sich wolllüstig, während er nativ-speakend eine spanische Sprachlawine lostritt und uns als Brüder im automobilen Sinne erklärt. Ich kann dem stotternd, nach Worten ringend beipflichten. Schnell noch nen Votto, dann is er weg mit seinem Kumpel im neueren Landy Modell. Wir packen zusammen, da kommen se wieder, haben kurz ne Marokko-Umrundung absolviert, und laden uns -als Profis- zu einem ein Dünen-Anfänger-Cruisen für den Nachmittag ein. Ehrensache. Ein paar Kilometer weiter kommt ein einladendes Schild, Cafe de Dingeskirchen, Hä ? hier, wieder versteckte Kamera oder was ? Nein in echt, eine amtliche Berber-Raststätte mit Brunnenwasser, Resaturant-Zelt, Schlafzelt, Küche, gibt sich die aüsserst ansehnliche und einschmeichelnde Ehre. Wir nehmen kalte Cola (mach ich gelegtlich auf Reisen) und anschliessend Tee, dösen ein wenig im Schatten der Tamarisken und des Berber-Zeltedaches, haben schönen durchgeknallten Spass mit den Betreibern und machen uns auf den Weg auf die Westseite des Erg Chebi um nach einem angemessenen Schlafplatz zu suchen. Hätten eigentlich gerne hier eingecheckt, aber die Verabredung für den späten Nachmittag steht gemeisselt.
Wir finden einen Platz, aber die dortigen Hütten haben zuviel Charme, als das wir dort unser Dachzelt benutzen wollen. Die ganze Anlage ist im Lehmputz-Stil errichtet, Madame Francoise, die Chefin. Nehmen also mal den Öko-Luxus, mit Halbpension. Die crazy Hispanos residieren ein paar Kilometer weiter, wir treffen uns. Erstmal Trockenübung (der ist gut !!!), also lessson in sand. Dann steigen wir in den blauen Landy für den ersten Dünengang. Ach du scheisse, das ist amtliche Achterbahn für Grosse. Vorneweg sein Kumpel mit sozia, die mit DinA4 grossem Gerät navigiert. Offensichtlich weiss das Teil was hinter so einem Dünekamm kommt. Ich aber nicht. Steffi ist zartgrün im Antlitz, erstens für das hier in realtime gebotene aber zweitens, weil wir gleich selbst fahren werden. So machen wir physikalische Grenzerfahrungen en masse. Der Typ vorneweg, ca. Mitte sechzig mit zotteligem, ausgedünntem sehr grauem Langhaar, einer stattlichen Pocke lächelt das Lächeln der Gewinner und Zufriedenen. (So einen Typen hatte nich mal auf Bali kennengelernt, Franzmann, kam auf ner Harley unbehelmt des Weges). Seine Sozia reckt unablässig grinsend den Daumen in die warme Luft. Jetzt wirds ernst, wir holen unseren Landy, man ist schon ein wenig skeptisch ob der Dachbepackung, Zelt, Kisten. Trotzdem. Wir werden Kinderdünen nehmen. Bekommen noch nen CB Funk-Teil vom teacher, und los gehts. Na ja nach 10 Meter Schluss, stecke bei 45 Grad Steigung fest. Kein Problem, die Hombres kommen, bewehrt mit Gerät zum Ablasshandel, also noch mehr Luft aus den Reifen. Alle 4 bei 0,8 Bar. Gesetz der Wüste ! Hatte doch noch zuviel Bares im Gummi. Armer Landy, jetzt steht er in Badelatschen da. Schäme dich nicht, edles Cavallo. Also wieder runter von der Steigung, 2. Gang Allrad mit Untersetzung und es klappt. Schwupp stehen wir am oberen Rand, vor uns das Pendant andersrum. Kriege übers Walkie-talkie Anweisungen in esperanto, verstehe kein Wort und kommentiere unablässig mit Si, Si, Si. Immer schön gerade runter, bloss nicht schräg, dann kippt die Karre. Und die Füsse von allen Pedalen, der Landy macht das schon. Gewöhnungsbedürftig. Nix bremsen, nix kuppeln. Bei 45 Grad Gefälle nicht bremsen zu dürfen kommt gebückt. Juchu, so muss es sein, und dann geht die Kirmes richtig los, die Beiden nehmen uns in die Mitte, wir bekommen aufmunternden Beifall aus dem Talkie gekrächzt. Meine Fresse, das macht Laune. Und rauf und runter und rauf und… stop, da sollen wir runter ????? Steffi bitte eine Windel für Papi, werde mich gleich einstuhlen. Ja sollen wir. Wir kleben auf einer Krista, nein nicht Bohnenkamp, sondern auf einem messerscharfen Dünenkamm. Kleben ist gut, hier klebt garnix. Also Biesemänneken sei ein Mann ! Landy, du auch!
Brennholz…. Das war geiiiiiil. Mehr davon, mehr, ich bin angefixt. Steffi eher nicht. Bin zu konzentriert, als mich das wirklich interessieren könnte. Macho-Spiel eben. Und so schippern wir bei wärmstem Licht durch die Sandberge. Dann wird der Landy wieder in den Stall gebracht, wir fahren mit den Anderen auf la grand dune zum sunset. Die Karren werden am Steilhang geparkt. Schnäuzchen zur Sonne. Senor Langhaar reicht cerveza und Chivas Regal mit Eis, ich kann nicht mehr. Der hat in seinem Landy nur Sandbleche, Reserverad, Schüppe und KÜHLSCHRANK. Vermutlich müssen wir gleich noch Sangria aus Eimern saufen. So lassen wir ein paar Promille Einzug nehmen in unseren Wahrnehmungsapparat und geniessen den sich verabschiedenden Lorenz, der die Dünen rot erstrahlen lässt und mächtig für Schattenspiele sorgt. Mein Gott ist das schön. Dann kommt ne Familie, Papi vorneweg mit Angeberkamera und macht einen auf lustig. Meint, wir sollten den Steilhang nehmen, das wäre ihm schon ein Photo wert. Ich ahne fürchterliches, Steffi ist überzeugt. Aqui ?, si aqui. Aquiiiii ???? Der Dicke steigt ein mit einem Lächeln, was die Welt noch nicht gesehen hat. Papi mit der Kamera wird nervös, das sollte doch nur nen Scherz sein. Aqui ???? Der Landy kippt vornüber, sie reckt den Daumen und der Rest bedarf keiner weiteren Erläuterung. Ich sehe noch, wie Papi an seiner Nikon rumfingert, fickerig um diese Unglaublichkeit zu dokumentieren, und da sind wir auch schon unten.
Den Abend lassen wir ausklingen bei einem Berber-Kumpel von den Wahnsinnigen.Es gibt Tee und Datteln. Auf dem Rückweg  sehen wir einen Menschenauflauf auf der Strasse, klassischer Fahrra- Moped Unfall. Der Alte liegt blutüberströmt auf dem Asphalt. Scheisse, ich ermahne zum Stop. Eile dorthin, bin froh, einen Puls fühlen zu können. Er atmet. Ich lege in in die stabile Seitenlage und dränge die Umstehenden einen Krankenwagen zu rufen. Ist schon unterwegs. Wir können weiter. Beim Abschlussbierchen stelle ich fest, die Sonnenbrille am Unfallort vergessen zu haben. Steffi meint, wir könnten ja noch mal hin. Der Alte ist bereits abgeholt, ein paar Kapuzenmänner stehen noch da rum und händigen mir die Brille aus, bedanken sich herzlich fürs Engagement. Mensch Leute, wenn das Alles ist, was wir für Euch, liebe Menschen tun können.