So haben wir denn einen netten campismo gefunden, oberhalb der Stadt. Viele Verrückte haben sich hier eingefunden. Wüstenfüchse aller coleur. Mit teilweise herrlich beknackten Vehikeln. Es wird gegrillt, Hühnerbeine. Und es ist noch Roter im Gepäck und Reis.
Mein lieber Herr Gesangsverein. Das habe ich noch nicht gesehen. Chefchauoen. Die Stadt in blau. Wie auf Droge schlendern wir durch die Medina. Indigo, Türkis, Violett und was weiss ich von Goethes Farbenlehre. Alles ist getüncht. Mit viel Liebe und ohne Krepp. Die Gassen sind – wie es sich gehört – verwinkelt und steil. Es gibt eine Hauptgasse mit entzückenden Restaurants und Aubergen aber auch Alltagskram im formvollendeten Chaos. Unten angekommen gibt sich der Hauptplatz die Ehre. Wir nehmen den marokkanischen Whisky und un cafe noir. Sind verzaubert und besoffen von diesem Netzhautschmeicheleien. Sehen eine herrliche Dachterasse eines Restaurants und beschliessen, dort am abend einzukehren. Bis zur Huhn-Tajine und den Lamm-Fleischklöpschen nehmen wir noch ein Häppchen blau. Und ich lasse mir das Haupthaar kürzen. Wo sonst ? Für 20 Dirhan gibt sich der Coiffeur alle Mühe und fährt mit dem Mäher auf 3mm übers Haupt.
Nach dem Dinner mit grossartiger Aussicht – auch auf den sich verdunkelnden Himmel – geben wir wieder 3000 Kalorien der Muskeltätigkeit preis. Endloser Anstieg zum campismo. Runter gehts merkwürdiger Weise immer einfacher. Mal wieder.
Wir wollen weiter, das Abenteuer lockt nachdem uns ein paar globetrottende Profis mit Tips versorgten. Sparen uns erstmal Fes, vielleicht auf dem Rückweg. Aber es gibt den Marjane Super-Hyper- Markt. Dort solls auch Blaumacher geben. La tienda ist wie Divi-Real-Metro-Aldi unter einem Dach. Wir decken uns ein, als wenn wir die legendäre grosse Karawane suchen. Aber kein Sprit. Hat doch so ein orthodoxer Muselmane die Leitung übernommen. Doofmann, der hätte das Geschäft seines Lebens mit uns gemacht. Aber der Kassierer rät uns, den Carrefour anzusteuern. Und wahrlich, ich sage Euch, von 4,5 bis 45 Promille alles in bester Auswahl und Menge. Aber in le cave, will heissen, so abgrundtief pervers und durchschaubar wie der Über-18 Seiteneingang für Pornos in der Videothek. Das Triebgut karren wir zur Kasse und werden gewahr einer Fatwa der Kassiererin. Mademoiselle, wir beabsichtigen, die Wüstennächte geschmeidig zu verbringen. Allah hat ein Auge zugekniffen, dafür den Bon vergoldet. Nun gut, andere Länder, and……
Also weiter mit vollbepacktem Landy gen Süden. Wir erreichen spät abends Ifrane, wo sich Hassan II seinerzeit eine 20 Millionen Hektar Residenz erbauen liess. Ein Charme hat diese angebliche Stadt wie die Schweiz in Quarantäne. Also pennen, aufwachen, und weg! Garstige, karge Gebirgslandschaft on the road. Und was sieht mein wachsames Auge im Rückspiegel ? Nichts, weil diesmal eine schwarze Rauchwand den Blick verhindert. Aha, super, nee Diesel und zwar unverbrannt. Scheisse. Schwarze Scheisse. Wo um alle Welt ist eine Toyota Vertragswerkstatt lässt mich mein alter ego wimmern. Aber der Herr über jenen mahnt zur Gelassenheit und gelegentlichen Austausch des Luftfilters, der selbstverständlich im Alu-Dach-Kistchen auf seinen Einsatz wartet. Aber keine Zeit für solche Nebensächlichkeiten. Heute steht der Cirque de jaffer an. Ach du scheisse. So ähnlich wie surfen beginnen in Hawaii. Aber der Mann und die Frau sind gefordert, zu trotzen des SG 4-5 (Schwierigkeitsgrad ). Kommen irgendwann an ein schier unüberliches, reissendes Flüsschen. Aber die probeweise versenkten Hinkelsteine geben Anlass, zumindest die Tiefe für machbar zu halten. Wir kommen durch. Und weiter, herrliche Landschaft und höchste Konzentration auf den Untergrund, der so fernab der sozialisierten Strassenerfahrung anmutet. Und eines verrate ich jetzt schon, das war ne lauwarme Zaunpenner-Nummer in Unkenntnis dessen, was uns am übernächsten Tag erwartet. Aber … Geduld.
Wir erreichen ein sagenhaftes Hochplateau, unten die Schlucht. Der Wind pfeift beim Grillen eines äusserst ahnsehnlichen Stückes Rind, was sich geschmacklich einschmeichelt, aber mit hominoiden Beisswerkzeugen nicht zu bezwingen ist.
Das Dachzelt bleibt eingepackt, des Windes wegen. Als wir dann mit Proteinklumpen in den wahrhaft grosszügigen Landy-Innenraum zum Verdauungsschläfchen einmieten, herrscht Windstille. Ein grandioser Sternenhimmel am Arsch der Welt führt uns in den Schlaf.