Was ne Karre ……..

Sehr früh krieche ich aus dem Landy, während der Gaskocher Kaffeewasser erhitzt friere ich mir ordentlich einen ab. Aber die grossartige Kulisse unseres Rastplatzes entschädigt großzügig. Genau :zügig ist es und groß. Für Frühstück keine angenehmen Bedingungen, es sei denn es liegt nen 5 Kilo Gouda-Rad auf dem Tisch. Wir bekommen Besuch von ein paar Schaf-und Ziegenhirten, nettes radebrechen und gestikulieren. Wir reichen etwas älteres Gebäck, der Blätterteig ergibt sich verwehend. Ein paar Dirhan, denn begehrtes Schuhwerk können wir nicht entbehren.

Gern hätte ich meine Drohne fliegen lassen in die Schlucht und übers Plateau , aber sie wäre vermutlich nach Wladiwostok abgedriftet. So begeben wir uns zu einer Wanderung in die Schlucht. Kommen nicht besonders weit. Eigentlich hätten wir in dem ausgetrockneten Flussbett weiter fahren wollen, aber reissendes Nass erübrigt unser Ansinnen. Das ist zur Zeit eh das Problem hier. Nach den massiven Schneefällen und dem Regen im Winter sind unzählige Strassen und Pisten weggespült. Die Off-road Routen teilweise nicht machbar. Das Schmelzwasser speist nach wie vor Bäche und Flüsse.  Geröllhalden versperren die Wege und man quält sich irgendwie durch, dankbar für jede frische Reifenspur.

Nach der Wanderung gehts los nach Imilchil. Piste ohne Ende aber nicht aufregend. Irgendwann wieder Asphalt für ein paar Meilen. Dann aber böse Überraschungen. Ein riesiges Flussbett wird vom unermüdlich abfliessenden schlammigen Wasser in ein Wasser/Geröll Delta verwandelt, die Piste am Hang ist weggespült. Immer wieder Aussteigen und Machbarkeitsstudien anleiern.  Gieriges Ausschau-halten nach Spuren und tragfähigem Untergrund. Umkehren ist nicht, Alternativlosigkeit zwingt uns weiter. Der Landy leistet Großes. Lässt sich nicht einschüchtern. Ich werde ihm bei nächster Gelegenheit Qualitätsdiesel genehmigen . Öl braucht er nicht, der Gute. Wir bezweifeln, unser Ziel noch zu erreichen, ausserdem zieht es sich wacker zu am Himmel. Aber es klappt und wir schrauben uns wieder ins Gebirge. Es ist hier bis zu 2800 Meter hoch, der Qualm nimmt zu, und der Landy scheint doch müde und krank. Werde mich doch dringend kümmern müssen.

Spät erreichen wir Imilchil, leisten uns eine Auberge mit Dusche und einer warmen Mahlzeit.  Der Chef de Cousine zaubert sehr ansehnlich aber geschmacklos. Ich hätte sogar Maggi benutzt. Dazu gibts eau minéral aus Weingläsern. Aber auf dem Zimmer wartet zum Dekantieren…….

Wieder diese Kälte am Morgen, aber sonne und Sonne. Ich genehmige mir 3 cafe noir mit 4 Fluppen und erörtere mit dem Herbergsvater die Ursachen der Befindlichkeitsstörungen des Landy. Sind uns einig und werden die empfohlene Werkstatt schräg gegenüber aufsuchen. Erstmal Frühstück, heisst Brot und 1 qm Marmelade und kaltes hartgekochtes Ei.

Die Werkstadt ist als solche unschwer zu erkennen, Wahnsinniges Chaos und Schmiere, Reifen, Werkzeug wie bei Cisse im Durchgang. Der Chef-Monteur nimmt sich des Problems gediegen an, Blickdiagnose am Auspuff bei 4000 rpm. Luftfilter raus, Probefahrt, kaum noch Russ, Dieselfilter rausgeschraubt. Aha Muchel-Diesel mit Dickes, kostet ja auch nur 88 Cent das Literchen. Natürlich habe ich einen Ersatzfilter dabei, klettere aufs Dach und werfe ihn stolz herunter. Der Chef des Reparatur-Unternehmens, bislang auf einem ausrangierten Vordersitz in der Werksatt im Halbdunkel sitzend begutachtet den letzten Feinschliff aus der Hand des Filius.  Zwischenzeitlich haben sich Technik-Interessierte aus dem Dorf zusammengefunden, um Zeuge einer professionellen Blitzaktion zu werden.  Sie werden nicht enttäuscht, wie auch der Monteur es nicht zu sein scheint nach der üppigen Entlohnung. Immerhin hat er drei Kinder am Kacken zu halten. Der Landy wiehert, kriegt wieder Luft, die Atemwege sind frei, die Nahrung flutscht.

Beste Voraussetzungen für unser Vorhaben, die abenteuerliche Querverbindung zwischen Thodra- und Dadesschlucht steht auf dem Programm. Es geht locker los, wir durchqueren einige Dörfer, immer wieder freundliches Winken und Lächeln. So muss sich die Else von der Themse fühlen beim Shopping.  Nur die Kinder nerven, betteln um Alles, meist Kulis, aber auch Dirhan werden gern genommen. Mittlerweile geht das mächtig auf den Sack. Klar, da fahren so ein paar Warmduscher Touris im 4×4 Panzer durch die ärmste Gegend Marokkos und wundern sich über die Begehrlichkeiten der Teilhabe am Wohlstand. Nein, wir wundern uns nicht, werden ja dauernd Zeuge des wirklich unglaublich beschwerlichen Lebens hier oben. Geben ja gern, anfänglich, aber beim hundertsten Mal ist Feierabend mit Spendierhosen, ausserdem gibts hier keine Geldautomaten, geschweige denn ein Schreibwarenladen, und mein abgezähltes Dosenbier kriegen se nicht. So, basta.

Wir finden die Piste, nehmen sie gut gelaunt an und ruckeln ein paar Kilometer bis zum Mövenpick Rastplatz von Youssef und YB (Youssefs Bruder). Orangensaft, Kaffee und musikalische Darbietung im melodischen Nirwana. Super Atmosphäre. Ein Radlerpärchen gesellt sich unerwartet dazu, werde demütig und kleinlaut ob der Strapazen, die Beide selbstverständlich und leidenschaftlich abarbeiten. Unglaublich. Die beiden kommen von unserem Zielort und behaupten, wir sollten uns ein wenig beeilen, die Piste sei  katastrophal. Sie meint, für uns mit Landy nicht machbar. Er lächelt müde und winkt ab. Wir fühlen uns mutig und angespornt. Die Piste schraubt sich unermüdlich hoch, atemberaubenden Landschaften dienen sich an.  Aber dann, Mutti hatte verdammt Recht, kaum passierbar, Alles was mal Piste war, ist unter Gerölllawinen verschwunden oder einfach abgesackt.  Wir schaffen 23 Kilometer in 6 Stunden und entscheiden hier im Niemandsland zu übernachten, eine riesige Ebene bietet sich nahezu an. Geil, geil, geil hier, Dosenbier und Roter samt Liebkosungen ans Heck ( nicht Steffis , auch nicht Steffi Heck´s ) läuten den Feierabend ein . Meine Fresse, ist das eine geile Karre. Lässt sich aber auch durch Nichts wesentlich beeindrucken, nur ich stuhle mich ein, wenn mal wieder so eine Scheiss-Schräglage erforderlich wird. Sehe uns umkippen, der Landy wie ein Käfer mit den Rädern zappelnd. An Achsbrüche und geplatzte Reifen denke ich nur noch gelegentlich. Aber wir haben Diesel, Heineken, Roten, Wasser und LAMM ! Es wird Zeit für dich Lamm Gottes, das du hinweg nähmest den Hunger von uns. Der Grill lodert bereits, ich bin stramm nach 2 Dosen, und wir speisen vorzüglich im Windschatten des Landys. Die Sonne ist verschwunden, Steffi holt ein paar vertrocknete Büsche und wir wärmen uns am Feuer. Die Poolbar hat bereits geschlossen. Der Sternenhimmel ist unbeschreiblich, die Stille ohrenbetäubend.  Achmed fegt den Hof, Alemannen legen Handtücher auf die Pool-Liegen für morgen. Noch nen Döschen und dann Heia machen. Danke Landy !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!