Also los nach Erfoud. Nix Sammeltaxi. Daumen in den Wind, wie früher, und siehe da, ein Typ nimmt uns mit. Kaum angekommen textet uns ein schlecht aussehender, penetranter und mit geselliger Geschäftstüchtigkeit ausgestatteter Fossilienhändler zu. Er nervt.
Richtig gelesen: Fossilien. Angeblich war hier mal Holland in Not, also vor einigen Jahren, la mer in gross, bis dass prähistorisch der Käskopp Landgewinnung betrieb, er hats wohl übertrieben.
Wenn mich irgendwas nicht interessiert, dann sind es Fossilien und andere alte tote Sachen, die dem Bäedecker Reiseführer immer 300 Seiten wert sind, und das limbische System von Studiosus Reisenden trocken legen. Wir wimmeln ihn erfolgreich ab, mit dem Versprechen, in Bälde eine LKW Ladung mit der alten Scheisse zu ordern. Steffi findet ein dem Anlass würdiges Strassen-Restaurant und wir dinnieren an der Hauptstrasse bestens. Schlendern dann noch ein wenig durchs abendliche Städtchen, kaufen ein paar Lebensmittel ein und lassen uns nieder am riesigen Dorfplatz.
Da ist anlassfreie(?) big Party. Vermutlich sind wirklich Alle hier, ein lebhaftes Spektakel. Da wird gefussballert, gebyciclet, gesessen, geguckt, gegessen. Open Air Kino.
Die Vorstellung hat für uns Spielfilmlänge, ohne Werbung. Grandios. Habt ihr nett gemacht für Steffis Geburtstag ( also doch Anlass ), ihr Wüstenfüchse. Kurz nach Beginn der Vorstellung gibts vom Nachbarsitz Orangen, ich revanchiere mich mit Popcorn, ehrlich, da brutzelt Einer säckeweise auf nem Kerosinkocher das unvermeidliche Cineasten-Gewürg. Steffi hat ne Freundin , ca 8 Jahre alt. In der einen Hand Orangenschalen, in der anderen des Mädchens Fuss, so heisst die Hand hier in Berber-Language. Lustige Vögel, die Teppich Knüpfer.
Es ist wie immer auf meinen Reisen. Die Kiddies sind überall klasse. Machen mit nix einen Mords Gaudi, quengeln nicht, freuen sich aneinander. Und haben vor Allem äusserst gelassene Mamis und Papis. Ohne Observierungs-Allüren. Grandios. Und ohne Waldorf.
Wir verlassen das Kino und nehmen noch nen Absacker am Landy, nachdem wir übers Tor am Platz klettern mussten, so mit Fussleiter. Volles Programm, alles für Steffi eingestielt. Der Wüstenwind säuselt angnehm durchs offene Dachzelt und wir entsagen uns weiterer Vigilanz.
Aufstehen, einpacken, frühstücken. Jetzt wirs ernst. Wollen in den Erg Chebi, gar nicht arg schäbig, wie sich noch herausstellen wird. Brauchen noch Wasser und was für auf den Grill. Aber hängen erstmal fest bei einer herrlichen Unterhaltung mit dem Platz Eigentümer, Franzmann in meinem Alter. Macht mich doch sehr an, sein Lebensentwurf. Ja die Wege des Herrn sind vielseitig. Dann aber Los auf den Markt, es ist schon spät geworden. Nehmen nen Kilo Rind, was beim gewünschten Schredern mit Zwiebeln, Zitrone und allerlei Gewürzen legiert wird, um der Schar der Mikroorganismen ein unwirtliches Zuhause zu geben. Landen dann doch noch in so einem Tuch-Nippes-Lampen-Kram-Laden, wo wir, während der Einkaufsprozess gart, gemeinsam musizieren, heisst auf allerlei Schlagwerk eindreschen, nachdem wir uns als Touaregs verkleidet haben. Bin drauf und dran, meine Klampfe zu holen. Werden nach alter Berber Sitte kräftig übers Ohr gehauen, wie es sich hier gehört. Haben wir das also auch im Sack, wie im übrigen einen Bettüberwurf, ein bezauberndes, buntes Tuch, eine Tajine und Fossilienstuss als Beigabe. Sieht eher aus wie getöpferte Kamelscheisse.
Jetzt aber. Nochmal gazoline in den Tank und ab. Auf die Piste, Wellblech, so heisst das, wenn Äonen von Zeit aus dem Sand/Kies Untergrund einen überdimensionierten Hornhautschaber machen. Wenn man da dann rübersemmelt, gibts Aufruhr im Gedärm. Ist ne gute Sache gegen Cellulitis. Bei ca 40 km/h eine Rüttelfrquenz von 73 Hertz, die den Damen das Bindegewebe bügelt, dafür aber zu Ermüdungsbrüchen im unteren LWS-breich führt. Man kann nicht Alles haben. Also verlassen wir die Piste nach ausreichender kosmetischer Anwendung und verfahren uns kräftig. Wo geht noch mal die Sonne unter ? Ach du Scheisse. Logbucheintrag 28.4.2015, 17.06 Uhr : Hilfe, wo sind wir ? Kirk an Spock: „Navi gucken“. Spock an Kirk: „Nix zu sehen“. Kirk an Maschinenraum: „volle Kraft voraus, wohin auch Immer“. Kirk an Lieutnant Uhuru: „Luft ablassen, 0,8 Bar, kommen im Sand nicht voran“.
Sieht das Scheisse aus, Landy in ausgelatschten Gummistiefeln. Aber es funzt. Der Weg ist das Ziel, na ja, manchmal schon, hier eher nicht. Logbucheintrag 17.13 Uhr: Ende der Veranstaltung. Landy hat keine Räder mehr. Sind im Sand verschwunden, Hat sich wahrscheinlich geschämt mit seinem Schuhwerk. Sitzen auf. Die Differenziale suhlen sich im Feinkörnigen. Jetzt nen schönen Caipi und Bimbos, die einem Rolex verkaufen, oder Rayban, eben für nette Kurzweil sorgen. Doch niemand kommt. Wie immer, sie gehen dir mächtig auf den Sack an jedem scheiss Strand, aber wenn man se braucht, ist keiner da. Ok, kein Kaltgetränk, dafür Untersetzung, Differnziale gesperrt und noch weiter runter in den Sand. Tiefer geht nicht. Super Einstieg. Auch ins Auto, die Trittbleche liegen auf dem Sand. Also doch ein hopfenhaltiges Kaltgetränk und Lagebesprechung. Es gibt nicht viel zu besprechen, aber zu tun, Sandbleche abschrauben, Klappspaten raus und scheppen und scheppen und scheppen und scheppen. Wir haben ca. 52 Grad Celsius, das Bier kondensiert bereits an der Oberlippe. Steffi verpisst sich, um einem Abschleppdienst einen Auftrag zu erteilen. Und ward nicht mehr gesehen. Ich pausiere ein wenig im Schatten des Landy, vertreibe mir die Zeit mit dokumentierenden Selfies. Die Kinder sollen schon wissen, wo Papi sein Ende nahm. Aber ich will noch Alles geben. Also scheppen. Und wie ich so scheppe, taucht ein grinsender Berber mit Moped auf. Ich grinse zurück, bräsig und komme mir mit meinem Schüppchen doch ziemlich albern vor. Eher was zum Burgen bauen, aber dafür fehlt mir die Musse. Der Berber wünscht mir noch nen schönen Abend und rauscht von dannen. Arschloch. Nix, Arschloch, fünf Minuten später kommt er zurück mit ner amtlichen Schüppe und Tochter. Habe unterwegs keinen Hornbach Baumarkt wahrgenommen. Wie dem auch sei, er schüppt nach kurzer Blickdiagnose und zwar hinter!!!! den Rädern. Klugscheisser. Ich tue es ihm gleich, habe bereits eine handtellergrosse Blase. Kommt gut im Sand. Nach 20 Minuten sind wir fettich. Und schwupp-die-wupp biete ich meine armselige, geballte Männlichkeit beim Einstieg ins Führerhaus auf, lege den Rückwärtsgang!!!! ein und fahre mal eben cool raus. Vor mir ein poolgrosses Loch im Sand. Könnten dort die versteinerten Kamelköttel aus dem Laden entsorgen. Steffi ist übrigens immer noch weg. Hab eh das Gefühl, dass ihr die Situation nicht behagt. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder, man trifft sich ja bekanntlich zweimal im Leben. So, jetzt wird aber erst mal nen Döschen genommen, nachdem ich ihm ein Scheinchen zusteckt habe, der Anlass ist mehr als gegeben. Lade den Scheppmeister also grosszügig dazu ein, und merkwürdigerweise scheint er nicht abgeneigt, ein Pilschen in der untergehenden Sonne zu gustieren. Aber dem wohnt wohl ein Missverständnis inne. Noch nie in seinem Leben hat er so einen Hightech-Weißblech-Getränkebehälter gehabt, stellt sich ziemlich bescheuert an, ihn zu öffnen, um dem Labsal Herr zu werden, es der sandigen Kehle zuzuführen, sich zu berauschen am herben Aroma althergbrachter Braukunst. Weltmännisch navigiere ich ihn zum kühlen Nass, was sich schäumend auf den Deckel ergiesst. Er erschreckt, als öffne er die Büchse der Pandorra, harrt er des sich da Abspielenden. Ich beruhige ihn durch demonstratives, profesionelles Anlegen an meine Unterlippe und ermuntere ihn, es mir gleich zu tun. Das war ein Fehler, er bekotzt sich fast ob des für ihn grässlich anmutenden Getränkes. Doofmann, das war das letzte Heineken. Aber die alternative Sprite zaubert kindliche Freude auf des Berbers Antlitz. Ok, habe ich also zwei Döschen für mich allein. Hoffentlich taucht Steffi nicht doch noch auf. Tut sie aber, und zwar mit Fahrrad. Bin ich schon stramm ? Ein wenig, aber sie hat auf ihrem Spaziergang die Berber-Bleibe entdeckt und HandyEmpfang gebabt, unseren Camping Chef angerufen und um Organisation eines gediegenen Rausschleppens ersucht. Haha. Ätschi-bätschi. Überflüssig. Der gelbe Engel lädt zum Tee, wir folgen. Steffi cancelt die Rettungsaktion. Vor seiner Lehmhütte wird ein cozy Lager errichtet, die Mädels- vier Töchter hat der Gute – decken den Tisch, wir fläzen uns radebrechend und dankbar. Nüsschen werden seviert, wir steuern Kekschen bei. Absurd. Ich kann mich revanchieren, Töchterchen hat ein infiziertes Ekzem am Fuss, also wirklich Fuß, ich ziehe eine gesottene Medziner Show ab, und alle Register unter Mithilfe der durchaus kompetenten mitreisenden Anwältin, des zielgerichteten Improvisierens im Fachfremden. Mami kommt dazu, sowie der knirpsige Stammhalter.
Der Dankbarkeit nicht genug, trennt sich Steffi noch von ein paar Klamotten für die Mädels, Mami bekommt die Badeschlappen aus dem Kwätschua Discounter. ( 3,95 € ).
Es wir Zeit, dieses Kleinod zu verlassen, obwohl wir zum dortigen Nächtigen ermuntert werden. Wir lehnen aber dankend ab, wollen uns auf das Erlebte einen ballern. So fahren wir denn ein wenig quersandein und errichen unser Nachtlager zwischen zwei einsamen Bäumen. Es gibt Tütensuppe und Brot und Roten. Steffi kümmert sich um Brennholz und wir haben eine herrlich Nacht unter dem Sternehimmel im Nichts.