Da versuche ich gerade frühmorgens die Sehachsen mithilfe des Koffeins in Übereistimmung zu bringen und da bretttert Obi-wan-Kenobi auf einem Pod-racer entlang. Also, genau weiss ich es nicht, er hat nicht gegrüsst, aber es war eine braune Kapuze die jenseits entlang der Mauer flog. Mit Schmackes. Na, ja, vermutlich verflogen, wie dieser kurze Augenblick. Falls hier gleich noch ein paar Hobbits auftauchen, muss ich mal die Verfallsdaten des Dosenbieres überprüfen.
Auf in die windige Stadt, wir parken am Strand, und nach 150 Metern hat Steffi Durst auf Rosé, den es da in einer Strandbude gibt. 13.30 Uhr. Prima, Frau Ebeling, der Tag ist gerettet, und du erzählst mir noch mal in Ruhe die Geschichte von Annekin und Luke und Prinzessin Amidala.
Ein stattlicher Wind treibt den Sand über den Strand und die Kiter zum Glück. In der Medina ist Windstille, so wunderschön, wie schon immer. Ein paar Nippes-Läden haben sich vermehrt, sonst alles beim Alten. Geht doch. Essaouira wurde von den Portugiesen erbaut, die haben sie Mogador genannt, was auf portugiesisch übersetzt heißt.
Eine Stadtmauer verläuft entlang des unablässig aufbrausenden Meeres, da ist ordentlich was los auf achtern. Man kann auf der Mauer laufen, in deren Untergeschoss ein paar Läden untergebracht sind. Hübsch. Die Händler lassen einen in Ruhe, kein nerviges Angelabere. Gut so. Und sauber, die haben hier benutzte Mülltonnen. Auch gut. Und einen lockeren Umgang mit dem Ausschank von geistigen Getränken. Noch besser. Ich finde auf Anhieb mein altes Riad, ein Traum von Gemäuer. In der Bude residierte übrigens der viel zu früh verstorbene Jimi Hendrix. Vor mir. Wir werden dort nicht einchecken, aber dinnieren, vielleicht treffe ich ja Moubarak wieder. Der ist mittlerweile chef de cuisine. Wir schlendern also den Tag so durchs Kaff, mal nen Caffee, mal nen O-Saft, mal nen Häppchen. Sehr unaufgeregt. Zum Schluss ist der abendliche Hafen an der Reihe, bevor wir ein wenig Festes zu uns nehmen. Der Wind ist schwer zugange, und jetzt arschkalt, also Sitzheizung auf dem Weg zum Platz.
Am nächsten Vormittag suchen wir das „jardin de douars“, wo ich vor sechs Jahren mit der Sippe gewohnt habe. Sehr aufgemotzt mittlerweile im Eingangsbereich, die beiden schwulen Franzmänner haben es abgegeben. Schade. Aber immer noch das traumhafte, Kasbahstilechte Gemäuer in Vollendung, umsäumt von einem bezaubernden Garten. Wir nehmen Platz, Kaffee, O-Saft und Netz.
Kurz vor dem Ortseingang in Essauoira werden wir vom langen Arm der Exekutive zu einen kleinen Tete-a-tete geladen. Bisher noch nicht passiert, ausser beim satten Geschwindigkeits überschreiten. Der will bestimmt nen Autogramm. Oder mal wieder Steffi eintauschen. Ich weiss nicht was er will, das Sprachgewirr klingt französisch, so wabernd schwul und schwülstig aus befehlingendem Mundwerk entlassen, mich zu umgarnen, chansonhaft wie die Sirenen von Sinnen zu bringen, No je ne regret rien ( noscheneregretriähn ). Aha, Papiere sind gefordert und ein Quiz anberaumt. Was haben wir wohl falsch gemacht ? Tja, ich ne Menge in meinem Leben, Steffi minus 18. Ansonsten fehlt mir jetzt gerade die richtige Antwort. Chic, gib doch mal vier Möglichkeiten vor. Und nen Publikumsjoker und ne 50:50 Chance. Wir entscheiden uns, die Unterhaltung in angloamerikanisch fortzusetzten und versemmeln trotzdem die 50 Euro Frage. Ach so, wir waren nicht angeschnallt. Ich schnall ab. Ich schnalle mich nie an, sage ich ihm aber nicht, ich Fuchs. „First time in Marokko?“, “ Nö, third time. „Do you like Marokko?“, Oui, of course. „First mistake in Marokko?“, oh yes, indeed, first mistake. Mein Gott, bin ich eine coole, durchtriebene Sau, ich erzähle nicht von meinem ersten Knöllchen. Biesemann, du alter Fuchs, mit allen Wassern gewaschen. „Ok, when second mistake with anschnalling, pay 300 Dirhan for you and Lady!“. „Bon viage“. Du mich auch. 300 Ocken gespart, zehn Gläser Rosé, ich teuflischer Kerl. Da war bestimmt Obi-wan-Kenobi im Spiel, der galaktische Gutmensch.
Mal im Ernst, überall, an jeder Stadteinfahrt wird kontrolliert, im ganzen Land. Find ich gut. Die haben nämlich keinen Bock auf Scheisse in the city. Auf bärtige Vollidioten mit Suizidabsicht und den beabsichtigten, einkalkulierten Kollateralschäden. Sollte man bei uns auch einführen, bevor Söder und Konsorten wieder auf die Idee kommen, unsere Wohnungen zu verwanzen und Seismografen am Ehebett von Langweilern zu instalieren. Aber die Herren in Blau-grau müssen ja dauernd in Fußballstadien die Bekloppten vor sich selbst schützen. Ich hab zumindest echt Lust auf innere Sicherheit. Ich Weichei. Und falls ich jemanden erwische, der dieses „ACAB“ an die Wände schmiert, dann……..
Übrigens, der Bürgermeister von Rotterdam ist, wie ja Alle wissen, Marokkaner. Und der ist kein Depp aus den Souks. Der redet klares Zeug, insbesondere was die manchmal eher unbeteiligt wirkenden Verhaltensweisen seiner Landsleute und anderer Ethnien im Sinne einer Integrationsbemühung angeht. Richtig Ärger, wenn kein Bock auf Sprachpflicht, for example. Na ja, nur so am Rande. Wie sein Kollege aus Neukölln.
Also, mit 300 Dirham mehr im Sack kann jetzt ordentlich gesoffen und geshoppt werden. Doofe Rechnung, aber funzt. Wir finden uns also beim Hosenkauf und vor Allem in so einem Jimi-, Bob Marley Devotionalien-Laden bei Abdullhamid. Der hat überhaupt kein Bock, uns abzuziehen, der hat Bock auf Uns und Palavern. Und der erzählt uns vom Gnauoa Festival letztes Jahr, mit Ayo und Marcus Miller und, und und. Ich geh kaputt. Wo war ich denn da bloß? In Steele vermutlich. Und der trommelt und hat Spaß. Und eigentlich Hunger. Aber der muss uns seine ganzen Leidenschaften präsentieren. Und der freut sich, wenn Jan nächstes Jahr mit Marius auf das Festival kommt und mitspielt und Buschi. ( Hey Marius, liegt doch auf dem Weg nach Swasiland ). Und immer schön anschnallen. Ich krieg ne lesson auf Tontrommel. Wir segnen uns gegenseitig in der Gewissheit, sich bald wieder über den Weg zu laufen, wenn nicht auf Erden, dann im Paradies. Înschallah. Wir müssen noch ein paar Sachen besorgen, Kartuschen zum Beispiel, ich saufe einfach zu viel Kaffee. Jetzt haben die hier weder Albatros, noch McTrek. Oder Kwätschua Discounter. Aber Madame in ihrem messiehaften Hort, einer Ruhestätte für Haushaltsartikel, Endlager für Unverkäufliches hat ZWEI! amtliche blaue, entzückende butanbeinhaltenden Blechbehälter, dreissig Jahre drüber und von leichten Rostspuren verdedelt. Hoffentlich ist kein Essig daraus geworden. Gib se beide, Madame. Oder noch mehr. Ne, noch mehr ist nicht. Ich glaubs nicht. Dann Brot. Der Typ hat ein in alle Himmelsrichtungen sich ausdehnendes Gebiß. Und infolgedessen auch dem getönten Wort satte Speichelbeigabe. Deux pan, silwupläh. Der packt zwölf rein ins Tütchen. Nee, dö !!!! Der lacht sich schlapp unter wallendem Speichelfluß. Dem ist es scheissegal, der will Steffi! Noch mehr Pawlowscher Speichelfluss. OK, ich die Brotkarre, du Frau Ebeling. Wieder ein super Geschäft, wie in Zagora mit dem Paulo Coellho der Sahara. Wie er so Frau Ebeling, würgt und herzt, bekomme ich doch Mitleid mit Madame und halte mich für das kleinere Übel in ihrem Lebensentwurf. Die alten Säcke rundherum krümmen sich vor Lachen. So einfach, so doof, so schön. Kommen wir wieder an so einem Tupperware-Tempel vorbei, der Mützenträger hat wirklich, glaubt mir, auch diese blauen Gascontainer. Ich kann nicht mehr.
Jetzt können wir abends auch noch Glühwein machen. Das müssen wir feiern und nehmen ein Fläschchen Rosé in einem hübschen Hotelgarten an der Stadtmauer. Gut angelüllert gehen wir im Riad al Madina was essen und treffen auf Moubarak. Geil. Ich schaffe noch ein wenig Platz im Auto durch die Entnahme zweier, sehr kühler Weißblechbehälter und dann wird geratzt.
Wir können uns nicht loseisen, zu schön ist es hier im esprit of nature. Wir gammeln den ganzen Tag hier rum und erfreuen uns an diesem lasterfreien Ort der Kontemplation. Schmeissen den Grill an und nehmen übliche Getränke. Morgen aber weg hier, das kann nicht so weiter gehen.
Doch kann, wenn wir es wollen. Und wir wollen es. Wir bleiben. Und lassen UV auf die unbehelligten Stellen, fressen Kirschen und Erdbeeren, räumen auf, lungern rum. Sehr gut so. Heute ist es nahezu windstill, wir fahren zum Spätstück ins Städtle, herrlichstes Wetter. Ein paar Jungs spielen Fußball am Strand. Alles wie ein Bild von Rosina Wachtmeister, nur nicht so scheisse. Ein Roséchen zum Schluss, nochmal carrefour, dem Landy Diesel und ne Dusche und zurück zum Platz. Ist das ein herrlich lazy saturday.
Reisse das Ruder rum und geniesse ordentlich den Resttag. Mein Gott, ist das schön hier auf dem campismo. Der Wind nimmt ein wenig zu, passend zur Intensität des gelben Onkels.
Ich trage mit Stolz die neue Flutschi-Hose, freue mich über die SMS von Frank. Schreibe ein paar mails, muss ja meine Reinkarnation als Anästhesist vorantreiben. Wo doch die alten Herrschaften das Erbe verprassen.
Imme noch hier. Es wird mir hier zu bunt, zu nett, zu einfach, wie immer nach drei Tagen oder vier oder jetzt fünf. Aber wir haben einen belastbaren Grund. Morgen ist in Had Draa ein riesiger Markt, auch Kamele werden dort verhökert, also hier umme Ecke. Hoch lebe Epikur.
Ein Beitrag zur Völkerverständigung : Reiseverbot für Russen und Polen ! Sofort. Insbesondere die Russen gehen mir seit Jahren auf den Sack, diese grosskotzigen Rubelzaren, die im Adoleszenten-muscle-shirt, Badehose und Adiletten die livrierte Dienerschaft anblaffen, immer zu laut, immer zum kotzen. Egal, wo. Hässliche Kubik-Schädel in Begleitung von hybrisfetten Blondchen. Und sprechen Russisch, was sonst, fürchterliche Putin-Ableger, haben ihrem eigenen Volk die Babuschka-Dollars geklaut und machen einen auf dicke Hose.
Sollen doch in China Urlaub machen oder Klitmöller. Ich will sie nicht mehr sehen. Da sitzen wir also beim Roséchen, plaudern ein wenig mit dem garcon, erfreuen uns an Allem und da kommt diese unsägliche Slawengang, volles Prollprogramm, vorneweg ne fette Sau, im Schlepptau mehrere Schwabbel-Weiber. Er, der selbsternannte Meister des lustigen Stelldicheins blökt nach Bier, Heineken. Garcon, Chef und Azubi, wahrlich nette Leute verdrehen die Augen, der Alte flüstert mit Augenzwinkern und Gesichtslähmung zu uns gerichtet:“Polska……“ Der Arsch bestellt auf deutsch. Ich würde ihm am Liebsten sein Heineken in die Fresse kippen, weil er meine Muttersprache missbraucht. Aber wie gesagt, kein Arsch inner Hose, Pfadfinder und kein Gummi mehr im Bizeps für die anschliessende Satisfaction. Machmal wäre ich so gerne gross und stark und politisch inkorrekt zur Klärung von eindeutigen Sachverhalten.
Wir gehen und lassen die armen Schweine der gastlichen Gastronomie mit den Unsäglichen allein.
Madame campismo hat einen guten Tip für den letzten Abend in Essaouira. Cafe Karawane. Ok, das machen wir. Wir finden den Laden auf Anhieb. Das ist der Hit. Ein schnuckeliges Riad, aber eben nicht zum Heia-machen, sondern perfekt eingedeckte Tische. So auch im Patio, wo ausserdem vier Jungs ein bißchen latinhaftes unterm Palmemdach von sich geben. Jedes Stückchen Wand ist besetzt durch ölige Kunst, eher expressionistisches Medinaleben. Der äusserst zuvorkommende Stuff kümmert sich um den reibungslosen Ablauf und die ganzheitliche Pflege der Kundschaft, wie es auch der äusserst schwule Patron tute, in fortgeschrittenem Alter. Wir nehmen Dorade mit Ingwer-Schlurz und stuffed salmom with goatcheese. Kannste nem Bauern von der Fott lecken. Sehr gelungen diese Fusion aus eher Zusammenhanglosem. Aber wie immer beim kochen, Phantasie ist gefragt und Experimentierfreude. Und ein Desert, choco-coco mit roten Früchten. Dazwischen gibts unter Trommelextase einen Feuertanz. Wir beschliessen den Abend auf seinem Höhepunkt, wir müssen früh raus, um den Markt in Had Draa zu erleben.