Gibt es einen berechtigten Grund für die Existenz von FLIEGEN ? NEIN !!!!, gab es nie, gibt es nicht, wird es nie geben. Hören sich schon auf Latein schön bescheuert an diese elenden Viecher ( Brachycera ). Nix an Eleganz, nix an Bestaunenswertem, zumindest tut die Anopheles (Stechmücke) was, sie sticht und labt sich am Sanguinen. Das hat Stil, und sie kommt nur abends, während die Scheissfliege 24 Stunden-Schichten schiebt. Und sich nicht nur meiner Anwesenheit erfreut, sondern auch der von frisch verklappter Kamelscheisse, und zwar in umgegehrter Reihenfolge. Natürlich habe ich keine Ahnung von Fauna und Flora, von Nahrungsketten, aber ich würde das Aussterben von Leguanen und Amphibien billigend in Kauf nehmen, würde man ihnen ihre Nahrung nehmen, vielleicht würde ich sie wiedergutmachend mit marrokanischer Marmelade füttern. Der Globus ist zu klein für Alle.
Also, da wache ich auf, in der Wüste, gehnemige mir einen windigen Sonnenaufgang zum Kaffee, freue mich mit Frau Ebeling ein wahrhaftes Frühstück zu nehmen. Und da kommen se, völlig durchgeknallte ADHS-Brachyceras, kein Ritalin in Sicht, kein Flammenwerfer. Sie wollen frühstücken mit uns, die Zappelgeister. Nix da, Ihr oder Frühstück. Da sehen wir auf leerem Magen was. Ja was, wissen wir nicht, wir gehen hin. Aha, was sonst, mitten im sandigen Kies ein Souvenirshop, sehr rustikal wohl, auch die Auslage. Ausgereifte Kamelbastelkunst, und schon wieder versteinerte Langeweile mit eingekerbten Viech-Abdrücken. Kein Betreiber weit und breit. Wir stehlen nicht aber uns von dannen. Hätten sie wenigstens ne Fliegenklatsche im Angebot. Bald darauf, wir sind kurz vor dem Aufbrauch, kommen die Künstler und Betreiber ungefragt näher, und siehe da, es handelt sich um des Berbers Tochter und seinen Knirps, der Schulpflicht ofensichtlich enthoben. Hoffentlich kommen die Studiosus-Leute nicht und geben Tipps zur Eindämmung des Analphabetentums. Anal beten tu ich auch und zwar, dass sich die imperativ ankündingende Entleerungsabsicht noch etwas in Bescheidenheit übt, angesichts von Adoleszenten und der Schamhaftigkeit noch ergebenen Berberas. Wir kaufen zwei Amulette, kein Strikckkamel, keine Perlenketten, keine Bambuspuppe und überlassen die Kids geherzt ihrem Schicksal.
Also, Steffi navigiert sowohl intuitiv als auch mithilfe des Ipads und wir schnuckeln durch die Dünen, finden einen Verklappungs- als auch einen Frühstücksplatz, nicht wissend, das die Brachycera-Sippe uns gefolgt ist. Im Windschatten des Landy scheinen sie sich genau so wohl zu fühlen wie unsereins. Trotzdem, wir ziehen es gnadenlos durch, das zur Spätmahlzeit gewordene Frühstück. Bin beim Abwasch, für marokannische Verhältnisse eine eher irritierende Rollenverteilung, da steigt einer in die Eisen. Im blauen Landy, die Karren beschnuppern sich wolllüstig, während er nativ-speakend eine spanische Sprachlawine lostritt und uns als Brüder im automobilen Sinne erklärt. Ich kann dem stotternd, nach Worten ringend beipflichten. Schnell noch nen Votto, dann is er weg mit seinem Kumpel im neueren Landy Modell. Wir packen zusammen, da kommen se wieder, haben kurz ne Marokko-Umrundung absolviert, und laden uns -als Profis- zu einem ein Dünen-Anfänger-Cruisen für den Nachmittag ein. Ehrensache. Ein paar Kilometer weiter kommt ein einladendes Schild, Cafe de Dingeskirchen, Hä ? hier, wieder versteckte Kamera oder was ? Nein in echt, eine amtliche Berber-Raststätte mit Brunnenwasser, Resaturant-Zelt, Schlafzelt, Küche, gibt sich die aüsserst ansehnliche und einschmeichelnde Ehre. Wir nehmen kalte Cola (mach ich gelegtlich auf Reisen) und anschliessend Tee, dösen ein wenig im Schatten der Tamarisken und des Berber-Zeltedaches, haben schönen durchgeknallten Spass mit den Betreibern und machen uns auf den Weg auf die Westseite des Erg Chebi um nach einem angemessenen Schlafplatz zu suchen. Hätten eigentlich gerne hier eingecheckt, aber die Verabredung für den späten Nachmittag steht gemeisselt.
Wir finden einen Platz, aber die dortigen Hütten haben zuviel Charme, als das wir dort unser Dachzelt benutzen wollen. Die ganze Anlage ist im Lehmputz-Stil errichtet, Madame Francoise, die Chefin. Nehmen also mal den Öko-Luxus, mit Halbpension. Die crazy Hispanos residieren ein paar Kilometer weiter, wir treffen uns. Erstmal Trockenübung (der ist gut !!!), also lessson in sand. Dann steigen wir in den blauen Landy für den ersten Dünengang. Ach du scheisse, das ist amtliche Achterbahn für Grosse. Vorneweg sein Kumpel mit sozia, die mit DinA4 grossem Gerät navigiert. Offensichtlich weiss das Teil was hinter so einem Dünekamm kommt. Ich aber nicht. Steffi ist zartgrün im Antlitz, erstens für das hier in realtime gebotene aber zweitens, weil wir gleich selbst fahren werden. So machen wir physikalische Grenzerfahrungen en masse. Der Typ vorneweg, ca. Mitte sechzig mit zotteligem, ausgedünntem sehr grauem Langhaar, einer stattlichen Pocke lächelt das Lächeln der Gewinner und Zufriedenen. (So einen Typen hatte nich mal auf Bali kennengelernt, Franzmann, kam auf ner Harley unbehelmt des Weges). Seine Sozia reckt unablässig grinsend den Daumen in die warme Luft. Jetzt wirds ernst, wir holen unseren Landy, man ist schon ein wenig skeptisch ob der Dachbepackung, Zelt, Kisten. Trotzdem. Wir werden Kinderdünen nehmen. Bekommen noch nen CB Funk-Teil vom teacher, und los gehts. Na ja nach 10 Meter Schluss, stecke bei 45 Grad Steigung fest. Kein Problem, die Hombres kommen, bewehrt mit Gerät zum Ablasshandel, also noch mehr Luft aus den Reifen. Alle 4 bei 0,8 Bar. Gesetz der Wüste ! Hatte doch noch zuviel Bares im Gummi. Armer Landy, jetzt steht er in Badelatschen da. Schäme dich nicht, edles Cavallo. Also wieder runter von der Steigung, 2. Gang Allrad mit Untersetzung und es klappt. Schwupp stehen wir am oberen Rand, vor uns das Pendant andersrum. Kriege übers Walkie-talkie Anweisungen in esperanto, verstehe kein Wort und kommentiere unablässig mit Si, Si, Si. Immer schön gerade runter, bloss nicht schräg, dann kippt die Karre. Und die Füsse von allen Pedalen, der Landy macht das schon. Gewöhnungsbedürftig. Nix bremsen, nix kuppeln. Bei 45 Grad Gefälle nicht bremsen zu dürfen kommt gebückt. Juchu, so muss es sein, und dann geht die Kirmes richtig los, die Beiden nehmen uns in die Mitte, wir bekommen aufmunternden Beifall aus dem Talkie gekrächzt. Meine Fresse, das macht Laune. Und rauf und runter und rauf und… stop, da sollen wir runter ????? Steffi bitte eine Windel für Papi, werde mich gleich einstuhlen. Ja sollen wir. Wir kleben auf einer Krista, nein nicht Bohnenkamp, sondern auf einem messerscharfen Dünenkamm. Kleben ist gut, hier klebt garnix. Also Biesemänneken sei ein Mann ! Landy, du auch!
Brennholz…. Das war geiiiiiil. Mehr davon, mehr, ich bin angefixt. Steffi eher nicht. Bin zu konzentriert, als mich das wirklich interessieren könnte. Macho-Spiel eben. Und so schippern wir bei wärmstem Licht durch die Sandberge. Dann wird der Landy wieder in den Stall gebracht, wir fahren mit den Anderen auf la grand dune zum sunset. Die Karren werden am Steilhang geparkt. Schnäuzchen zur Sonne. Senor Langhaar reicht cerveza und Chivas Regal mit Eis, ich kann nicht mehr. Der hat in seinem Landy nur Sandbleche, Reserverad, Schüppe und KÜHLSCHRANK. Vermutlich müssen wir gleich noch Sangria aus Eimern saufen. So lassen wir ein paar Promille Einzug nehmen in unseren Wahrnehmungsapparat und geniessen den sich verabschiedenden Lorenz, der die Dünen rot erstrahlen lässt und mächtig für Schattenspiele sorgt. Mein Gott ist das schön. Dann kommt ne Familie, Papi vorneweg mit Angeberkamera und macht einen auf lustig. Meint, wir sollten den Steilhang nehmen, das wäre ihm schon ein Photo wert. Ich ahne fürchterliches, Steffi ist überzeugt. Aqui ?, si aqui. Aquiiiii ???? Der Dicke steigt ein mit einem Lächeln, was die Welt noch nicht gesehen hat. Papi mit der Kamera wird nervös, das sollte doch nur nen Scherz sein. Aqui ???? Der Landy kippt vornüber, sie reckt den Daumen und der Rest bedarf keiner weiteren Erläuterung. Ich sehe noch, wie Papi an seiner Nikon rumfingert, fickerig um diese Unglaublichkeit zu dokumentieren, und da sind wir auch schon unten.
Den Abend lassen wir ausklingen bei einem Berber-Kumpel von den Wahnsinnigen.Es gibt Tee und Datteln. Auf dem Rückweg sehen wir einen Menschenauflauf auf der Strasse, klassischer Fahrra- Moped Unfall. Der Alte liegt blutüberströmt auf dem Asphalt. Scheisse, ich ermahne zum Stop. Eile dorthin, bin froh, einen Puls fühlen zu können. Er atmet. Ich lege in in die stabile Seitenlage und dränge die Umstehenden einen Krankenwagen zu rufen. Ist schon unterwegs. Wir können weiter. Beim Abschlussbierchen stelle ich fest, die Sonnenbrille am Unfallort vergessen zu haben. Steffi meint, wir könnten ja noch mal hin. Der Alte ist bereits abgeholt, ein paar Kapuzenmänner stehen noch da rum und händigen mir die Brille aus, bedanken sich herzlich fürs Engagement. Mensch Leute, wenn das Alles ist, was wir für Euch, liebe Menschen tun können.